Was gibt es Besseres für ein Kind, als auf einem Pferdehof aufzuwachsen? Permanent an der frischen Luft zu sein, den Umgang mit Tieren zu erlernen, ein Gefühl von Freiheit auf dem Rücken eines Pferdes zu erleben – all das klingt traumhaft, klingt auf den ersten Blick ideal. Immerhin konnte man auch eine enge Bindung zu den Großeltern aufbauen. Doch weder der überforderte Vater noch die Großeltern konnten die Mutter ersetzen, die die Familie verlassen hatte, um ihre Flügel auszubreiten und endlich den Duft der Freiheit zu genießen. Wie stehen die Kinder heute zu ihrer Mutter? Können sie es verstehen, oder geben sie vielleicht auch ihrem Vater die Schuld daran?

Artur Er ist der Hoferbe, ein Pferdeflüsterer, der Älteste der drei Brüder, und durch und durch ein Crawford. Pferde und der Hof fließen ihm durch die Adern – einen anderen Beruf kann er sich nicht vorstellen. Man findet immer Stroh in seinen unordentlichen Haaren, seine Haut ist braun gebrannt. Er ist es gewohnt, hart zu arbeiten und kräftig anzupacken. Letztendlich würde er es sich auch nicht anders wünschen. Doch gibt es vielleicht noch mehr für den 32-Jährigen?

Noah ist mit seinen 30 Jahren das mittlere Kind – er hatte mehr Freiheiten und mehr Zeit für Unsinn. Oft wirkt er verloren, nicht wirklich wissend, was er mit sich anfangen soll. Soll er in die Fußstapfen seines Vaters treten oder einen anderen Beruf ergreifen und es als Gourmetkoch versuchen? Immerhin hat er die kulinarische Leidenschaft seines Vaters geerbt. Doch sicher ist er sich nicht. Er vergleicht sich zu sehr mit anderen und ihren Errungenschaften. Manchmal denkt er, dass er im Leben schon weiter sein sollte.

Während Noah sich gern den Kopf zerbricht, ist der Jüngste unter ihnen, Paul, ganz anders. Das Privileg, das Nesthäkchen zu sein, nutzt er gern aus. Immerhin gehört ihm mit seinen 29 Jahren die Welt. Hat er die Welt bereist, andere Kulturen kennengelernt, die Grausamkeiten und Schönheiten gesehen? Hat er jemanden gefunden, mit dem er sein Leben verbringen will? Oder ist er auf der Suche nach einem Sinn und verfängt sich in Spinnweben?

Marcus Crawford ist der Zwillingsbruder von Timothy. Wer von euch der Ältere oder der Jüngere ist, war nie wirklich von Belang – außer vielleicht, wenn es darum ging, wer wem die Schuld in die Schuhe schieben konnte, wenn man Mist gebaut hatte. Auch Marcus wuchs, wie sein Bruder, natürlich auf dem Pferdehof der Eltern auf. Doch ebenso wie sein Bruder zog es ihn von den Pferden weg. Marcus kehrte der Taschendimension den Rücken zu. Was er in der Realität erlebte, weiß nur er selbst. Hat er Kinder? Hat er Liebe gefunden? Hat er im Krieg gedient? Hat er seine magischen Fähigkeiten an den Nagel gehängt? Was bewegt ihn, oder was bewegte ihn, wieder in die Taschendimension zurückzukehren? Er war schon immer der abenteuerlustigere der Brüder, der Erste seit Generationen, der ein Leben außerhalb Stellans führte. Vielleicht hat er sich auch mit den falschen Leuten angelegt und ist nun auf der Flucht. Vielleicht ist er auch Teil des Spinnennetzes. Vielleicht, vielleicht, vielleicht.

Wenn Timothy auf sein Leben zurückblickte, dann konnte er nicht anders, als zu dem Ergebnis zu kommen, dass er trotz allem zufrieden damit war. Die Familie Crawford hatte ihren Ursprung in Luxemburg, wanderte aber, wie viele Europäer vor vielen, vielen Jahren in die „neue Welt“ (USA) aus, um dort ihr Glück zu versuchen. Unzufrieden mit diesem und den Grausamkeiten der Sinma gegenüber den Native Americans, ließen sie sich in der Taschendimension nieder. Schon damals züchteten sie im äußeren Ring Pferde. Timothy ist stolzer Stellanser, und die Familie, die schon seit vielen Generationen in der Taschendimension lebt, ist entsprechend gut vernetzt. Noch heute züchten sie Pferde, auch wenn es Timothy viel mehr in die Richtung eines Excubitors zog. Er lernte Susanne kennen, verliebte sich in sie, sie heirateten schnell, und die drei Söhne erblickten rasch das Licht der Welt. Die Beziehung scheiterte; vielleicht lag es daran, dass sie unterschiedlich waren und das Workaholic-Sein sie verbunden hatte, oder daran, dass Susanne berechtigterweise nicht mehr zurückstecken wollte, da sie die Kinder allein erzogen hatte. Sie verließ Timothy, um ihre Flügel wieder auszustrecken und ihrer eigenen Karriere nachzugehen.

Überfordert mit drei Kindern und einem Vollzeitberuf, zog Timothy auf den Hof seiner Eltern, die ihn unterstützten. Mittlerweile sind die Kinder erwachsen, und er hofft inständig, nicht allzu viele Fehler gemacht zu haben. Noch heute ist der 54-Jährige Excubitor und leitet die Spezialeinheit, um das Ausbreiten des Spinnennetzes einzudämmen. Zudem hegt er eine Affäre mit der Zauberrätin Salimatou Ba, ein Geheimnis, das sie hüten wie ihre Augäpfel.