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Eine Hand hielt Benjamin immer noch umklammert, die andere rieb enge Kreise auf dessen Rücken zur Beruhigung. Wenn er nur noch mehr Hände hätte, würde er Tee herzaubern, doch er wagte es nicht, Benjamin kalt, ohne haltende Hände zurückzulassen, solange jener nach Luft schnappte wie jemand, der leben wollte, unbedingt leben wollte, aber nicht wusste, wie man atmete ohne in seinen eigenen dunkel verrissenen Träumen zu ertrinken.
Vielleicht ging sie doch lieber wieder nach draußen und erfror jämmerlich - ein besseres Ende als sich Ambróis auch nur eine Minute länger anzutun.
Misstrauen war nicht jedermanns Schutzschild, so einige trugen ihr Herz auf den Lippen oder führten es gemeinsam mit ihren Geschlechtsorganen spazieren.
Was ihn hätte glücklich stimmen soll, erfüllte ihn mit einem schrecklichen Fieber, das er aus sich herauszuspülen versuchte; sein Innerstes desinifiziert wie eine Wunde, die man vorm Eitern bewahren wollte. In dem Fall war die Wunde seine verzweifelte Liebe zu Maksim, der Eiter der Moment, in dem er ihn vollkommen missverstanden hatte, und die Naht die Scham, die ihn wegen alledem erfüllte.
Es war purer Zucker, welcher Chiyeol durch die Adern pulsierte, süßes Glück, in welchem er ertrank, als seine Augen sich auf Alejandro richteten, voller Erwartung. Wie ein Kind, welches darauf wartete, dass man es lobte.
Noch mehr als das liebte er jedoch die Aufmerksamkeit, mit welcher Alejandro ihn im gleichen Zuge bedachte. Tiefes Schwarz, welches sich auf ihn legte, wie Öl, welches nach einer Berührung der Flammen lechzte.
Alejandro war Feuer. Von dem Moment an, in welchem er in Chiyeols Leben getreten war, war er zu der liebsten Flamme des Byuns geworden, nach welcher er immer wieder die Finger ausstreckte, auch wenn es zweifellos bedeutete, sich zu verbrennen.
Ich wende mich ihm mehr zu, nachdem er geendet hat. Mir fällt auf, wie sich seine Stimme verändert, er beinahe auf der Sitzbank versinkt. Es ist beinahe aberwitzig. Ich bin mir umstößlich sicher, dass er das Potential hätten, diesen gesamten Saal mit seiner bloßen Anwesenheit auszufüllen. Stattdessen entscheidet er sich dazu, sich bis zur Unkenntlichkeit selbst zu eliminieren.
Damals hätte ich gerne alles davon getan: ihn angenommen, abgewiesen, wahrgenommen. Die Reihenfolge wäre mir egal gewesen.
Ich bin gut in Dingen, die mir keine Freude bereiten. Ich bin noch nicht sicher, was das über mich aussagt.
Natürlich ließ Vega das nicht zu, bevor sie ins Gefängnis ging würde sie jeden anderen mit sich in den Untergang reißen und genau diese Drohung schwebte hier unausgesprochen durch den Raum und es war an Alejandro diese Bombe zu entschärfen, bevor Vega der Meinung war sie aufgrund eines Mangelns an guter Alternativen zünden zu müssen.
Doch Gewalt war das Mittel der Wahl, wenn man schnelle Antworten auf komplexe Fragen haben wollte.
Doch am Auffälligsten war das, was heute auf dem hellen Kragen seines Hemdes prangte, denn das war ganz bestimmt keine lippenförmige Brosche, sondern der Rest einer vermutlich nach Lilien riechenden Farbe. Ein Kuss, in den Stoff gedrückt, als hätte jemand den Hals von Ambróis verfehlt (vermutlich betrunken, oder einfach schlampig … So, wie er Cassidy kannte vermutlich beides).
Der Mann war mit einem unerträglich dicken Fell gesegnet und schien sich selbst immer auf der Seite der Sieger zu sehen. Und da er sich im Casino öfter als nicht an Alejandros Seite befand, entsprach dies auch der Wahrheit.
Verschwand in seinem Büro, wo er vor seinem Schreibtisch stehen blieb und das Bild anstarrte, das er dahinter aufgehängt hatte. Welches er nun herabriss, als wäre sein Künstler, dieser elendige Idiot, Schuld an alledem. Das er mit dem Fuß durchstampfte wie einen Brustkorb, bis der Rahmen zersplittert war, die Leinwand lieblos herabhing, eine traurige tote Zunge aus verzweifelter Farbe.
Er betrachtete ohne wirklich zu sehen das an der grün gefliesten Wand hängende Bild. Es weckte weder Erinnerungen noch Entzücken, war nur ebenso da, wie der Rest des Gentlemen Clubs da war und für ihn, dessen Sinne auf anderes verschärft waren, wie auf jeden Atemzug, den Chiyeol tat, und der einer zu viel war. Oder das Geräusch von Mahoneys schwachem Pissstrahl, den er wirklich einmal im Hospital untersuchen lassen sollte.
Wäre das Gewohnheitstier ein reales Wesen und nicht nur eine veranschaulichende Umschreibung, dann wäre genau dieses wohl zu seinem Familiar auserkoren worden.
Dass es ausgerechnet diese Welt war, die sich in seinen Kern schmiegte, war nicht nur bezeichnend, sondern auch etwas, das Alejandro den letzten Minuten zuschrieb. In denen er Mudan zu Boden hatte gehen lassen, ihn über jenen schliff, wie als wäre er nichts weiter wert als ein alter Lappen, mit dem man die Holzdielen wischte.
"Mhh, wenn du mir morgen dann noch ein Lunchpaket machst nenn ich dich Mommy", säuselte Valeria ihr hörbar grinsend ins Ohr, als sie hinter Evelyn trat, die gerade am Herd die letzten Vorbereitungen vor dem Servieren zu treffen schien.
"Hast du als Kind auch immer alle möglichen verletzen Tierchen mit nach Hause geschleppt und wieder aufgepäppelt ... oder es zumindest versucht?", folgte eine entsprechende Vermutung und ein Grinsen auf dem Gesicht der etwas ramponierten Schönheit. "Du hast aber Glück, ich hab keine Flöhe und beiße nur wenn man drauf steht."
Geh rein, es wird schon nicht so schlimm, sagte er sich nun eben selbst. Versuchte das Echo von Chwaers Stimme zu übertönen, das sich tief in sein Bewusstsein gegraben hatte. Er wusste ja doch immer, was sie sagen, wie sie schreien, weinen, zetern würde; dafür musste sie nicht einmal hier sein.
Ein weiterer Schritt war, sich selbst dafür zu hassen, dass man ihn als kurios dafür empfand. Dass man ihn manchmal sogar als unhöflich abstempelte. Maldwyn Bonfe hingegen war nicht unhöflich. Maldwyn war das Gegenteil davon. Er zerging vor Weichheit, während diese aus Melchior längst ausgezogen war.
Ihre Mutter hätte sie nie auf diese Weise umarmt. Weder Agnessa noch Maksim. Noch nie zuvor war ihm ein Gedanke dieser Art in den Sinn gekommen und doch genügte er nun, um auch ihm die Tränen über die Wangen zu treiben und seine Schultern beben zu lassen. Oh, wie sehr er sich selbst in diesem Augenblick doch verachtete.
Auf seinen Bruder übertrug er jedoch das, was er sich selbst nicht zustand: dass man sich um ihn sorgte. Natürlich wollte er diese Rolle gar nicht einnehmen, denn wenn Maldwyn auch nur ein klein wenig nach ihm schlug, würde er sich dafür schämen. So, wie sie es als Bonfes auch tun sollten: sich schämen, sich entschuldigen, sich dann für die Entschuldigung schämen.
Überhaupt finde ich es fast schon beleidigend, dass du Rugby mit Basketball vergleichst - nur weil beide Sportarten einen Ball beinhalten, kannst du die noch lange nicht auf eine Ebene miteinander setzen. Oder würdest du auch Golf und Tennis direkt nebeneinander stellen, nur weil man bei beidem mit einem Stock gegen Bälle schlägt? Wenn ja, ist es vielleicht ganz gut, dass du nur in der Sport-Vereins Sauna sitzen würdest.
An diesem dunklen Ort mangelte es an Liebe und Verständnis, doch auch wenn Agnessa es so sehr benötigte wie sie wohl alle, besaß sie nichtsdestotrotz noch die Fähigkeit beides geben zu können. Das war eine der wenigen Sachen, die niemand ihr über die Jahre hatte austreiben können.
Ich habe meine Jugendjahre damit verbracht, mich selbst aus Ton zu formen und als ich eine junge Erwachsene war, habe ich alles daran gelegt, mich mit allem zu füllen, was diese Welt mir zu bieten hat.
[...] was vermutlich daran lag, dass ihr Hauptaugenmerk noch immer auf dem massiven Koffer lag, den sie nun fleißig zu befüllen begann. Zwei Hosen, zwei Hemden, Socken, Sockenhalter für die strammen Waden, ein Westchen, eine Fliege, nein, doch lieber eine Krawatte … Nicht zu vergessen die zwölf Unterhosen, falls du plötzlich inkontinent wirst, warf der Kleine Lord sehr hilfreich ein.
Mit einem Seufzen schüttete sie das Champagnerglas ihre Kehle hinunter und bediente sich bei den Getränken ebenso erneut wie selbst Agnessa, die wohl dachte, am Grund ihres Sektglases sah es prickelnder aus als hier in diesem Raum.
Sofern sie überhaupt auf ihre Briefe reagierte, waren es nur Absagen, welche sie ihnen zukommen ließ, als wären sie nicht ihre Geschwister sondern eine Werbe-Firma, die nicht aufhören konnte, ihr die neusten Waschmaschinen andrehen zu wollen.
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