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Eliyas, wie er von seinem niedrigen Feldbett auf die Knie sank, die Hände auf Maksims Schenkeln ablegend, ihn betrachtend wie jemanden, den er zum ersten Mal sah. ”Do you honestly think I could hate you?”, flüsterte er. Schob die Hand in seinen Nacken, so scheu und doch sicher, so viel langsamer als im Dunkeln, als er Maksim vor Wochen auf die Wange geküsst und geglaubt hatte, ihre Freundschaft zu zerstören. Wie seltsam, das nun brechen zu sehen, dieses Bild, das er von sich, von ihm, von ihnen gehabt hatte. Sich in das Neue nicht zu stürzen, sondern Maksim so sanft zu küssen, als kenne er keine Angst.
”I am an idiot but you’re even worse.” Er wischte sich mit den Händen flach über das Gesicht, wie als würde er es aufwecken, die betäubende Kälte vertreiben wollen. ”Do you really think I hate you? Despise you? For doing something I’ve longed to do for an eternity?”
Keine Zauberformeln oder Rituale, sondern die Magie des menschlichen Geistes, die Wunder erschuf, wo vorher nur Vorstellungskraft war.
”You didn’t destroy our friendship”, fing er nun langsam an und für einen Moment sah er sich zwischen all den Briefen stehen, die er doch nie abgeschickt hatte.
”Whatever has happened or should happen going forth, please don’t let my lapse in judgment destroy our friendship. I don’t want to lose you because of my so very common and preventable idiocy, Maksim.” Sanft nahm er seinen Namen in den Mund. Regelrecht bettelnd, dass der andere nicht so reagierte, wie er es all die Jahre befürchtet hatte: mit Abscheu, an der, da war sich Eliyas sicher, er zugrunde gehen würde.
Aber vielleicht war Sloan in dem Fall clever genug, sich herzuleiten, dass er stets auf die Zaubereihistoriker:in hinabblicken würde. Was zugegeben reicht einfach war, denn Sloan war sehr klein.
Ravi hatte Brechdurchfall. Er hatte eine leidenschaftliche Affäre begonnen. Oder er hatte sich in den Welten von Seleya Sunfields Schundromanen verloren und verbrachte das Wochenende am Kamin mit einer warmen Decke über den Beinen, während er mit irgendeiner 40-Jährigen Eisdielenbesitzerin mitfieberte, die gerade ihren zweiten Frühling erlebte.
Er war sich nicht sicher, was es war, was er dort hörte. Erst entschuldigte er sich, dann Eliyas, dann fuhren ihre Sätze ineinander, als würden sie sich gegenseitig bekriegen, obwohl sie fast das Gleiche sagten; obwohl sie sich beide dem anderen beugten, was für sie eine Prämiere ohnegleichen sein musste. Über zwanzig Jahre Freundschaft und sie hatten sich noch nie dermaßen beeilt, sich als Erster zu entschuldigen.
Ein einziger Kuss, den er selbst zehn Jahre später noch auf seiner Wange brennen spüren konnte, hatte sie aus dem Gleichgewicht gebracht, und es war wieder ein Kuss gewesen, mit welchem Maksim den Untergang ihrer Freundschaft besiegelt hatte, als hätte er es nicht besser wissen müssen, als Eliyas an sich zu ziehen und ihm seine Lippen aufzuzwingen.
Eliyas ekelte sich vor ihm. Mit jedem falschen Lächeln bewies er dies Maksim, mit jedem ungeschickten Witz rieb er es dem Fedorov noch einmal unter die Nase, mit jedem Mal, dass er Frédéric, Heyne und Oleander in eine Umarmung zog, aber nicht Maksim, niemals Maksim, als müsste er befürchten, sich etwas widerwärtiges einzufangen, wenn sich auch nur ihre Arme berührten. So war es schon immer gewesen.
Eliyas genügte sich damit, dankbar dafür zu sein, und jedes Mal wenn doch Verständnislosigkeit für Maksims Verhalten in ihm hochkochte, sagte er sich, dass er nur die Reaktionen bekam, die er verdiente. Dass Maksim vermutlich selbst nicht wusste, woran sie waren. Dass Eliyas ihm nur klar machen musste, dass sich nichts verändert hatte, damit es ihnen beiden wieder gut ging. Freunde für immer; nichts konnte das zerstören.
In diesem Fall wollte Eliyas jedoch nicht beschützt werden. Er wollte nur die Uhr zurückdrehen; und deswegen war das Stürzen in Ambróis’ Arme so leicht gewesen, wie als wäre es dem natürlichen Lauf der Dinge entsprechend. Vorbestimmt sogar. Denn wie drehte man am ehesten die Zeit zurück, wenn nicht indem man sich einer alten Liebe zuwandte? Selbst wenn jene so süß war, dass sie schnell verrotten würde; ein Fakt, den insbesondere Rousseau ihn nicht vergessen ließ.
Die Wahrheit war doch, dass Eliyas Maksim kannte und sehr genau wusste, dass dieser nicht über den Kuss würde reden wollen. Selbst wenn der Mann etwas anderes behauptete, glaubte er immer noch, Eliyas beschützen zu müssen, sogar vor ihm und vor sich selbst.
Diese hatte ihren Mantel geöffnet und präsentierte - wem auch immer, vermutlich Abel, Gott oder dem heiligen Geist - ein tiefes Dekolleté. Abel wünschte sich von seinem Bruder, dass dieser von seinem Altar auf die Brüste seiner Begleitung einen ebenso herausragenden Blick hatte, dann würde für ihn die Zeit hier sicherlich auch schneller verstreichen.
Silas sah schrecklich aus. Augenringe, Bartstoppeln. Er war blass, die dunklen Locken unfrisiert. Zwar war er noch nie eine besondere Augenweide gewesen, aber kränklich und fragil war Abel wenn dann ihre Schwester erschienen.
Sie hatten eine fabelhafte Nacht verbracht; ihre Schwüre und Flüche - sie hatte hauptsächlich portugiesisch gesprochen, deswegen konnte Abel nicht mit Gewissheit sagen, ob sie ihn nicht auch einen ringelschwänzigen Eber genannt hatte - klangen noch genauso nach, wie ihre Küsse, wie das Gefühl und der Geschmack ihrer Haut. Zusätzlich war Abel noch etwas angesoffen - zusammen ergab das eine gefährliche Kombination, die ihn zu herausragenden Ideen provozierte. Wie etwa dieser: Mit einer Hure zu dem Gottesdienst seines Brudes zu gehen.
Da war nichts, das ihn davon abhalten konnte, ihr mit seinen Worten weh zu tun, weil es besser war, als sie glauben zu lassen, sie würde von ihm verschont bleiben. Er liebte sie zu sehr, um sie anzulügen.
In Momenten, in denen er sich von ihr hätte abwenden sollen, weil sie ihre Liebe tragisch verfärben musste, denn Realität war für sie so schwer zu ertragen, die doch durch und durch Träumerin war, hatte er seinen Stolz geschluckt und mitgespielt.
Verzweifelt, das war er. Armselig, in ihren Augen, aber auch in den eigenen.
Verzweifelt, das war er. Armselig, in ihren Augen, aber auch in den eigenen.
Wie im Sand versunken fühlte er sich. Als hätte man die Marke von der Kette um seinen Hals abgetrennt und ihn zurückgelassen in der plötzlich so eisernen Wüste, in welcher er tiefer und tiefer sank, wie ein Schiff, durch dessen Herz man eine tonnenschwere Kugel gejagt hatte. Seine Lunge füllte sich mit Wasser, sein ganz eigenes rotes Meer, in welchem er ertrank und dann doch wieder nicht, weil das alles nur eine Lüge war, eine schrecklich grausame Lüge, ein Albtraum, aus dem zu erwachen sich unmöglich anfühlte, wie eine gesprengte Brücke zu überqueren.
”Was mache ich hier?” Ein Flüstern, mehr eine Frage an sich selbst als an Bär, denn erst jetzt schien ihm wahrhaftig zu dämmern, wo er sich eigentlich befand. ”Bin ich hierher gelaufen?” Im schweißgetränkten Schlafanzug.
Schweiß hatte sich an ihrem Hals gesammelt; salzig kroch er in den hohen Kragen ihrer Bluse. Salzig war auch ihr Blick. Leidenschaftlich verfärbt von dem Moment.
Vielleicht war da aber auch niemand, der Eliyas’ Flehen hören konnte. In seinen Träumen war Eliyas oft allein. Die Menschen, die er sich erträumte, waren rar gesät und fremd. Selten bis nie verirrten sich die, die er liebte, in jene hinein. Und wenn doch, dann nur, um ihn zu verstoßen.
Dabei war es nicht nur der Alkohol, welcher Eliyas in seinem Sein regelrecht verwaschen hatte, nicht nur die Stunden einer Nacht, die sie mit einem guten Kater (einer Katz, haha) zurücklassen würde.
Wo Percy sich in Kälte und Dunkelheit hüllte, um seine Mitmenschen von sich fernzuhalten, war Arvin das Licht und die Wärme, die sich sanft, wenn auch unerbitterlich zu ihm durchzukämpfen vermochten. Und davor, davor hatte Percy verdammt große Angst; er war nicht bereit dafür. Nicht, dass er das jemals zugeben würde. Ne.
Aber sobald die Sonne erst mal schien... oh, sobald die Sonnenstrahlen ihn erreichten, blühte er auf; sein Gemüt würde wohl niemals besonders hell werden, aber es war eine deutliche Verbesserung zu seinem Normalzustand.
Vielleicht hatte sie die Schonungslosigkeit gelernt und deswegen mit wenigen Worten seine Familienlosigkeit auf den Punkt gebracht.
„Nicht so wie Du.“ Als wäre der Mann neben ihm die glorreiche Ausnahme gewesen. Er hatte das Licht dargestellt, welches Peregrine in dem dunkler werdenden Tunnel hatte erblicken können, war so leuchtend und strahlend gewesen, nur um dann keinen Grad an Wärme auszustrahlen, dass es frustrierend gewesen war, dort herum zu flattern und immer wieder danach greifen zu wollen.
Es waren nur diese lässig herausgepressten Worte übrig geblieben, nur jene unerschütterlich wirkende, unendlich unberührte Fassade von einer Persönlichkeit, in deren Tiefe der Hawthron nicht hatte vordringen können. Die zu erkennen er nicht in der Lage gewesen war, während gleichzeitig jede Beteuerung von Katz es schlimmer gemacht und sich wie einen Juckreiz unter seine Haut geschoben und dort eingenistet hatte.
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