Alle Inplayzitate
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”Only you could say something so beautiful and yet devastating, just to finish it off with a fucking joke.” Der Satz, erstickt von Maksims Lippen, die ihm die Worte vom Mund küssten.
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Eliyas wäre sofort darauf hereingefallen, naiv wie er war, und hätte erst im Nachhinein bestürzt festgestellt, dass dort die Spitze eines Degens in sein Zwerchfell drückte, ihn aufspießte, ihn ausblutete und tötete.
Maksim hingegen war misstrauisch wie der Himmel hinter den Fenstern, der mittlerweile von der Farbe eines dunkler werdenden Blutergusses war. ![]()
Hatte Eliyas Ambróis benutzt, um seine eigene Einsamkeit und seine Verwirrung zu bekämpfen? Natürlich. Aber Ambróis hatte ihn in der Zeit auch hin und wieder kalt behandelt, immer schockartig und unvorhergesehen, wie als würde er ihm mit einem Lächeln den Regenschirm wegziehen und wenige Minuten später sagen: Oh, why are you so wet?
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Plötzlich erwischte er sich dabei, wie er vollkommen ehrlich sein wollte. Wie er sagen wollte:
This was doomed from the beginning. We don’t love each other, we don’t even know what that is. There are such tender feelings I have for you, but I long for somebody else. I love somebody else in a way that has nothing to do with you or us or anybody else. And I won’t let it go, won’t give it up. I won’t. ![]()
Ja, warum dachte er eigentlich, dass Ambróis ihn nicht liebte? ”Because you don’t even know my middle name, Ambróis. And, for that matter, I also don’t know yours.”
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Ambróis fand schneller als jeder andere Mensch in einem Raum voller ihm unbekannter Menschen Freunde. Ambróis konnte einem sogar, wenn man ihn gerade mal fünf Minuten kannte, das Gefühl geben, er wäre der einzige Mensch auf Erden, der einen verstand. Er sprühte vor Charme und schien sich immer zu seinen eigenen Gunsten aus jeder Situation zu winden und dabei niemals das Gesicht zu verlieren.
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Der Gedanke, jemanden in ihre Beziehung einzuladen, sei es auch nur für eine Nacht, war nicht abwegig – außer natürlich, wenn man bedachte, dass sie laut Eliyas keine Beziehung mehr führten.
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”You are special to me. I just … what I want to say is that I think we should maybe give each other a chance to miss the other person.” Er druckst immer noch herum, sein Gesicht vor Schuldbewusstsein vom Cassidy abgewandt. Er merkt selbst, wie blöd er sich anstellt. ”You know what I’m trying to say, Ambróis. Don’t you?”
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Er hatte mehr Angst als alles andere davor, das Falsche zu sagen, dabei sagte er schon seit ganzes Leben lang ständig, und ohne sich davon betrüben zu lassen, das Falsche. Es war im Grunde ein markanter Charakterzug von ihm, alle Fettnäpfchen mitzunehmen und dann schmollend so zu tun, als wäre nichts davon beabsichtigt gewesen.
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Fragte man ihn, dann ja, befand er sich in letzter Zeit auf einer Achterbahn buntester Gefühle, die ihn mit chronischem Bauchschmerz und Schwindelgefühl zurückließ. Aber am Ende jeder Fahrt hatte er immer einen Bausch Zuckerwatte in der Hand und obwohl er geweint hatte, lächelte er und sagte: noch mal, bitte!
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Deswegen schob man doch immer Erklärungen hinzu, sagte: Ach, auf der Arbeit ist es so stressig gerade und Meine Mutter schon wieder, du weißt doch, wie sie ist! Man betonte, wie viel lieber man sich mit seinen Freunden getroffen hätte, aber eigentlich sagte man damit nur: du darfst mir nicht böse sein, denn ich leide.
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„Back in the tent you looked at me as if you thought I was water that you either needed to drink or need to get as far away from as possible. But you can‘t touch me without trembling, and you hold me as if you‘re afraid of the simple act of it.“
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In seinen Freundschaften war Maksim wie ein Fels in der Brandung, und in seinen Ansichten konnte er verbohrt und manchmal etwas eigenartig eingestaubt sein, wie als würden obskure Traditionen seines Familienstammbaums ihn so handeln lassen, wie er eben nun einmal handelte. Aber wenn es um Gefühle ging, kam sich Eliyas nicht zum ersten Mal vor, wie als würde er nach zu viel verlangen, würde nehmen und nehmen und selbst nichts geben.
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Er verbat es sich, den Eliyas, der Maksim jahrelang heimlich geliebt hatte, in diese Konversation einzuladen. Er schützte ihn, indem er ihn von sich abspaltete, sich in eine Gewissheit hüllte, die doch alsbald von Maksim selbst zerschlagen wurde.
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„You‘re not interested in men“, brach es ungläubig aus ihm hervor. „But clearly I am one.“
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Wenn er schrieb, war es nicht länger so sortiert und von Idealen getrieben wie früher, sondern manisch, konfus, wie als würde ihm ein zweites, verderbtes Herz wachsen, das alle Sehnsüchte und Gefühle ausspuckte, sich selbst zerfetzte und zwischen die Zeilen drückte. Er schrieb Fetzen auf, die keinen Sinn mehr ergaben, und jegliche Worte, die er einst gemocht hatte, wurden nun von ihm gestrichen, tausendfach übermalt von Tinte, zerschnipselt von Scheren, durchgekratzt von Grafit.
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Manchmal, da fragte er sich vermutlich zu recht, ob die bunte Kabbelei ihrer Truppe ein gutes Zeichen war, eins für eine gesunde Moral, einen kräftigen Herzschlag, oder ob sie damit die Risse in der Fassade überdeckten. Ob sie nur mit genug Humor ein Platzdeckchen über den Spalt im Holztisch zogen, diese von Gewalt verursachte Verwundung, über die schwer zu reden war, weshalb man sie lieber kosmetisch aus dem Weg schaffte. Sie weglächelte, wenn jemand fragte.
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Dann, scharf einatmend, eine Hand in dessen Schopf geschoben, die andere über seinen Arm wandernd, während er ihn tief küsste, wie jemand mit einem Ziel. Jemand mit einem Wunsch, den er dem anderen in die Hände legte, auch wenn dessen Hände höchstens versprachen, fallen zu lassen, was man in sie drückte.
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Eliyas hielt es für nichts als eine fadenscheinige Ausrede, um mehr Zeit an diesem Wochenende mit ihm zu verbringen. Deswegen lächelte er auch so selbstgefällig und ließ sich salopp gegenüber von Maksim auf einen Stuhl fallen, von wo aus er ihn betrachtete wie als würde er überlegen, wie er ihn am besten aus seiner Kleidung bekäme - die Lider leicht gesenkt, die Ohren gerötet, die Grübchen in den Wangen voller Schabernack.
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”First and foremost I shall always be your best friend, Maksim.” Er wusste nicht, wie er sagen sollte, dass dies separat war. Dass er ihn liebte und fürchtete, ihn als besten Freund zu verlieren, aber dass er in ihm auch mehr als das sah. Er hatte solche Angst vor der Flut an Wahrheiten, an der sie haarscharf vorbei schrabbten, dass die Versicherung wie der einzige Anker wirkte, den er sich und seinem erbärmlichen Selbst auswerfen konnte.
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Die Art, wie sie einander auf die Schulter klopften, einander ansahen, beobachteten, ja, überhaupt beachteten, war jedoch stets ein Indiz dafür, wie sehr ihre Freundschaft auf der Kippe stand. Als noch alles gut zwischen ihnen gewesen war, hatten sie immer erst nacheinander Ausschau gehalten, egal wer noch im Raum war. Und die erste Frage, wenn der andere nicht anwesend gewesen war, hatte sich immer um den Fehlenden gedreht. Anhand der Art, wie Maksim ihn zur Begrüßung anlächelte, machte Eliyas seit Jahren fest, wie willkommen er in Stellans noch war, obwohl er doch so viel Zeit außerhalb der Taschendimension verbrachte.
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Maksim Fedorov war hingegen schön, weil er stark war und Sicherheit bot und weil er nun einmal einen Namen hatte, während der von Eliyas wie entliehen wirkte, unwichtig im Vergleich zu dem seinen. Für Eliyas war er natürlich auch noch schön, weil seine Hände schön waren. Weil Eliyas gern die Worte wäre, die Maksim schrieb. Weil er gern der beste Freund sein wollte, den Maksim verdiente, und den Eliyas ihm mit seinem Verhalten nur immer und immer wieder vorenthielt.
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Eliyas, wie er von seinem niedrigen Feldbett auf die Knie sank, die Hände auf Maksims Schenkeln ablegend, ihn betrachtend wie jemanden, den er zum ersten Mal sah. ”Do you honestly think I could hate you?”, flüsterte er. Schob die Hand in seinen Nacken, so scheu und doch sicher, so viel langsamer als im Dunkeln, als er Maksim vor Wochen auf die Wange geküsst und geglaubt hatte, ihre Freundschaft zu zerstören. Wie seltsam, das nun brechen zu sehen, dieses Bild, das er von sich, von ihm, von ihnen gehabt hatte. Sich in das Neue nicht zu stürzen, sondern Maksim so sanft zu küssen, als kenne er keine Angst.
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”I am an idiot but you’re even worse.” Er wischte sich mit den Händen flach über das Gesicht, wie als würde er es aufwecken, die betäubende Kälte vertreiben wollen. ”Do you really think I hate you? Despise you? For doing something I’ve longed to do for an eternity?”
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”Whatever has happened or should happen going forth, please don’t let my lapse in judgment destroy our friendship. I don’t want to lose you because of my so very common and preventable idiocy, Maksim.” Sanft nahm er seinen Namen in den Mund. Regelrecht bettelnd, dass der andere nicht so reagierte, wie er es all die Jahre befürchtet hatte: mit Abscheu, an der, da war sich Eliyas sicher, er zugrunde gehen würde.
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Er war sich nicht sicher, was es war, was er dort hörte. Erst entschuldigte er sich, dann Eliyas, dann fuhren ihre Sätze ineinander, als würden sie sich gegenseitig bekriegen, obwohl sie fast das Gleiche sagten; obwohl sie sich beide dem anderen beugten, was für sie eine Prämiere ohnegleichen sein musste. Über zwanzig Jahre Freundschaft und sie hatten sich noch nie dermaßen beeilt, sich als Erster zu entschuldigen.
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Eliyas genügte sich damit, dankbar dafür zu sein, und jedes Mal wenn doch Verständnislosigkeit für Maksims Verhalten in ihm hochkochte, sagte er sich, dass er nur die Reaktionen bekam, die er verdiente. Dass Maksim vermutlich selbst nicht wusste, woran sie waren. Dass Eliyas ihm nur klar machen musste, dass sich nichts verändert hatte, damit es ihnen beiden wieder gut ging. Freunde für immer; nichts konnte das zerstören.
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In diesem Fall wollte Eliyas jedoch nicht beschützt werden. Er wollte nur die Uhr zurückdrehen; und deswegen war das Stürzen in Ambróis’ Arme so leicht gewesen, wie als wäre es dem natürlichen Lauf der Dinge entsprechend. Vorbestimmt sogar. Denn wie drehte man am ehesten die Zeit zurück, wenn nicht indem man sich einer alten Liebe zuwandte? Selbst wenn jene so süß war, dass sie schnell verrotten würde; ein Fakt, den insbesondere Rousseau ihn nicht vergessen ließ.
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Die Wahrheit war doch, dass Eliyas Maksim kannte und sehr genau wusste, dass dieser nicht über den Kuss würde reden wollen. Selbst wenn der Mann etwas anderes behauptete, glaubte er immer noch, Eliyas beschützen zu müssen, sogar vor ihm und vor sich selbst.
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Vielleicht war da aber auch niemand, der Eliyas’ Flehen hören konnte. In seinen Träumen war Eliyas oft allein. Die Menschen, die er sich erträumte, waren rar gesät und fremd. Selten bis nie verirrten sich die, die er liebte, in jene hinein. Und wenn doch, dann nur, um ihn zu verstoßen.
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