Alle Inplayzitate
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Aurora trug zwar ein Lächeln zur Schau, aber ihr Zorn auf Gael pulsierte unter ihrer Haut. Sie bügelte ihn jeden Morgen in die Falten ihrer Röcke und drückte ihn in den Kragen ihrer Kleider.
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”Wenn du in unserem Haus lügst, ist das eine Sache”, murmelte Aurora nun und wandte sich endlich ihrem Mann zu, um seinen Kragen zu richten, als Ausflucht dafür, dass sie näher an ihn heranrutschte und mit ihm sprach, jedoch nicht zärtlich sondern unterdrückt hasserfüllt; Säure überlagert von Honig. ”… aber direkt unter Gottes Nase. Dass du dich nicht schämst, Gael.”
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”Ach, wie oft ich das schon gehört habe. Ich dachte, ich wäre mit einem Sanari verheiratet und nicht mit einem Sterbehelfer.”
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Sie redete ihr gut zu, als wäre sie eine gute Fee, aber insgeheim war ihr Mitleid wie ein in Agnessas Mund gezwungenes Betäubungsmittel. Mach schön weit auf, schien sie zu sagen, und schluck ja alles herunter, was wir dir auftischen. Als Fedorova sollten jedoch weder ein solches Denken noch eine solche Behandlung fremdartig sein, richtig?
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Starr sah sie geradeaus, zu den den Geistlichen, die in Albe und Stola gehüllt waren. Zum Kreuzträger, in dessen Rücken sich ihr Blick bohrte, während sie sich fragte, wieso Gott sie mit so einem Mann gestraft hatte.
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Ihr Wesen war seitlich gekippt, sie hing in der Schwebe, und das war Gaels Schuld, der ihr Stück für Stück das Fundament entriss, an das sie sich gelehnt hatte.
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Was sie nicht in Gaels Hände geben konnte, fiel in ihr selbst in den Abgrund. Das war das Los einer Frau in der Ehe.
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”Was man in Buchläden alles so findet …” Ein Buch wie dieses war nichts weiter als ein weiterer Beweis für ihre eigene aufgeblasene Sehnsucht nach einer anderen Zeit. Unmöglich konnte sie es kaufen, schon gar nicht jetzt, da Lissandra den Buchtitel gelesen hatte. Verlegen stellte Aurora das Buch zurück ins Regal. Die magischen Stunden zu zweit würden warten müssen.
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Auch jetzt noch suchte Aurora verzweifelt nach diesem Band, aber sie berührte es nicht mehr nur, sondern zerrte daran, zerrte und zerrte; und Gael? Er schien, wie auch für ihre Worte, taub für alles geworden zu sein, das ihn einst an Aurora verzückt hatte.
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Manchmal machte ihr das Angst – nein, sie fürchtete nicht, dass er ihr physisch Gewalt antun könnte, aber sie fürchtete sehr wohl, dass er darüber fantasierte, wie ein Leben ohne sie aussehen würde. Immer dann, wenn sein Blick glasig wurde und er nicht länger zuhörte, das geistesabwesende Hmpf eines vielbeschäftigten Mannes auf den Lippen, wusste sie, dass er im Kopf ganz allein war und sie, Aurora Moreno, zur Irrelevanz verdammt hatte.
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”Tatsächlich sind die Himbeerblätter aus meinem Garten. Die Sträucher waren ein Geschenk meines Mannes, ach, ich weiß gar nicht, zu welchem Jahrestag genau. Zum Fünften? Ja, ich glaube zum Fünften.”
Sie hasste diese Sträucher wie die Pest, aber ja, der Tee war lecker. ![]()
Mittlerweile wusste sie, dass selbst sie und ihre Ideale, egal wie klein sie anderen erscheinen mochten, zu groß und ihre Träume zu aufgeblasen gewesen waren. Ihre Unerfüllbarkeit hatte sich durch das Nagen der Zeit offenbart; Stück für Stück hatte die Realität ihre Träume zerbissen und verschlungen. Was übrig war, ließ sich in eine einzige hübsche Schmuckschatulle verpacken, die wiederum nur noch verstaubte.
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In letzter Zeit fühlte es sich jedoch an, als wäre seine Karriere nicht länger ein Freund ihrer Ehe oder eine unwiderrufliche Bedingung, sondern eine Affäre, die sich zwischen sie schob. Eine Geliebte, deren fremdes Parfüm in Auroras Nase brannte.
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Aurora freute sich für Margot, dass sie endlich einen Mann gefunden hatte, der ihr die egomanen Star-Allüren verzieh, wenn er sie nicht sogar zu schätzen wusste.
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Als wenn sie es war, die bis spät in die Nacht außer Haus herumstromerte und geschäftig tat. Vielleicht sollte sie es sein; sollte alles stehen und liegen lassen und sich einen Mann suchen, der sie nicht anstarrte, als hätte er sie zuerst gehasst, bevor er gelernt hatte, sie zu dulden, nur um sie dann mit neuer Intensität zu hassen.
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Er wollte ihr gar nicht zuhören, sondern legte ihr Worte in den Mund, die einem Skript entsprangen, das sie tausendmal durchgespielt hatten. Das eine Mal, dass sie ihn nicht dafür anging, wie spät er dran und wie leid sie das alles war, hörte er doch nichts anderes. ”Selbst wenn es brennen und ich euch warnen würde, würdet ihr mir nicht zuhören”, erwiderte sie verzweifelter als beabsichtigt. Ihr Mann und ihr Sohn waren in der Hinsicht einander erschreckend ähnlich.
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Aurora konnte sich nicht helfen: In ihr hatte sich ein Hass auf die jungen Eltern entfesselt, die scheinbar glücklich nebeneinander her im Park spazierten und ihren tobenden Kindern dämlich lächelnd dabei zusahen, selbst wenn jene mit Hundekacke an den Händen wieder zu ihnen gerannt kamen und jene dreckigen Patschehändchen am Rock der Mutter, in den sie ohne Frage morgens erst steife, modische Falten gebügelt hatte, abwischten.
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In einigen Punkte erkannte Aurora sich selbst in Agnessa wieder: Beide hatten sie jung und vermutlich etwas übereilt geheiratet. Beide waren gut erzogene Brünetten eines gehobenen Standes. Beiden konnte man ansehen, dass sie sich um andere bemühten, auch wenn Aurora darin mit den Jahren geübter geworden war, sodass es beinahe mühelos aussah (war es nicht).
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Oft starrte sie hinaus in ihren Garten, in dem sich das Laub vom Wind umherschleudern ließ, und fragte sich, ob sie nicht nur die schöne Seite des Herbstes verpasst hatte, sondern auch, wie sie den Sommer hatte übersehen können.
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