Alle Inplayzitate
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Sie verbrannte nicht, wenn sie am Kreuz Jesu vorbei schritt, und auch nicht wenn sie sich einen Spaß erlaubte und eins von den kleineren, an den Wänden baumelnden Kreuzchen herumdrehte, sodass Silas am nächsten Morgen sicherlich einen kleinen Herzkasper bekäme.
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Auch Abel hatte seine Glaubenssätze. So glaubte er leidenschaftlich und voller Überzeugung daran, dass Kurator Bonfes blasser Arsch noch nie das Sonnenlicht gesehen hatte.
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Man konnte vieles über Silas Zapatka sagen. Dass er etwas Anständiges aus seinem Leben gemacht oder eine Berufung gefunden hatte, dem Gemeinwohl diente, sich den schönsten Gelüsten hingab, ein wertvoller Teil der Gesellschaft war - all das gehörte sicherlich nicht dazu.
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Abel erlaubte seinen Geschwistern ihre Introvertiertheit nur bedingt. Selbst war er distanzlos und obwohl er ein eitles Arschloch war, war er herzlich, liebevoll.
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Man musste ein Vollidiot oder ein Betrunkener sein, um freiwillig ein Pfarrer zu werden. Silas war beides davon.
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Ein wenig beneidete sie Aurora Moreno. Ihre Familie war ein fester Bestandteil der Gemeinde. Wo auch immer man sie antraf, schätzte man ihre Gesellschaft. Vor allem schien sie jedoch schlau genug gewesen zu sein, um mit einem weiteren Kind zu verhindern, dass sie Emilios Einschulung in pure Verbitterung stoßen würde.
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Sechzehn Jahre lang hatte sie ihre Tochter beinahe stetig an ihrer Seite gehabt, ihr Leben hatte sich kaum um etwas anderes gedreht, und jetzt stand sie plötzlich ohne jene da und erwischte sich selbst dabei, verzweifelt ein Buch nach dem anderen auf ihrem Arm zu stapeln, in der Hoffnung, die plötzliche Leere an ihrer Seite damit füllen zu können.
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Nicht einmal das Ende der Welt war ihm vergönnt, nein, anstatt ihn ebenfalls in Flammen aufgehen zu lassen, strafte Gott ihn mit seinem Verbleiben und leeren Weinflaschen, dieser verdammte Hurensohn.
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Er sah sie an, sie war sich sicher. Kurz glaubte sie, er würde in ihr einen Engel sehen, und wollte verzückt auflachen. Aber dann zuckte er zusammen. Als wäre sie doch der Teufel. Fluchte, dass sie leicht die Augenbrauen hob. ”Dein Wort in Gottes Ohr”, antwortete sie trocken.
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Sicherlich atmeten beim Abendmahl alle auch die nach Brennerei stinkende Luft rund um Silas Zapatka ein und überzeugten sich selbst davon, dass er einfach nur auf Händen und Knien, wie ein guter guter gottesfürchtiger Bückling, den Boden mit Alkohol geputzt hatte.
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Vielleicht würde er sich dann sogar wirklich irgendeine Hure in sein Bett einladen oder sich in das einer anderen Frau verirren. Sich erneut verlieben, eine neue Familie gründen und das Glück, welches er bei Aurora nicht länger finden konnte, an einem anderen Ort finden. In Momenten wie diesen, auf den dünnen Polstern der Kirchenbank, erschienen ihm die Vorstellung, alle stehen und liegen zu lassen und einfach woanders noch einmal von vorne zu beginnen, durchaus verlockend.
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Sie beide, einander so ähnlich und doch so anders, wie als wären sie zwei Enden eines Stranges, der in unterschiedliche Richtungen gezogen wurde. Ein Ende brannte längst (Silas), das andere war in Terpetin getaucht und flirtete mit der Flamme (Virginia). Sie rauchte. Er trank. Und dann war da Abel, der sich durch ganz Stellans schlief, der rauchte und trank.
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Es war ein einstudiertes Spiel, abgestimmter als jedes Theater, die Momente, zwischen welche sie ihre Worte pressten, ohne dass der Rest der Familie bemerkte, wie sehr es unter der Oberfläche der Morenos tatsächlich brodelte. Vielleicht taten sie es Emilio aber auch gleich und stellten sich stumm, richteten ihre Blicke lieber weiter nach vorne und verurteilten Aurora und Joaquin im Stillen dafür, dass sie es nicht einmal am heiligen Sonntagmorgen schafften, sich vor Gott zusammenzureißen.
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Aurora trug zwar ein Lächeln zur Schau, aber ihr Zorn auf Gael pulsierte unter ihrer Haut. Sie bügelte ihn jeden Morgen in die Falten ihrer Röcke und drückte ihn in den Kragen ihrer Kleider.
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Der Weg unter seinen Füßen blieb aus Gestein, der Himmel über ihm ein einziges Schwarz, als hätten selbst die Sterne die Flucht ergriffen. Nur er war noch hier.
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”Nächstes Mal sag ich meinem Patienten, er soll schneller sterben, damit meine Frau nicht alleine in die Kirche muss.”
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”Wenn du in unserem Haus lügst, ist das eine Sache”, murmelte Aurora nun und wandte sich endlich ihrem Mann zu, um seinen Kragen zu richten, als Ausflucht dafür, dass sie näher an ihn heranrutschte und mit ihm sprach, jedoch nicht zärtlich sondern unterdrückt hasserfüllt; Säure überlagert von Honig. ”… aber direkt unter Gottes Nase. Dass du dich nicht schämst, Gael.”
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”Ach, wie oft ich das schon gehört habe. Ich dachte, ich wäre mit einem Sanari verheiratet und nicht mit einem Sterbehelfer.”
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Dennoch war der Schmerz jedes Mal aufs Neue anstrengend, wann immer er ihn phasenweise einholte, wie lästige Verwandte, die unangekündigt vor der Tür standen und viel zu lange blieben.
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”Nächstes Mal sag ich meinem Patienten, er soll schneller sterben, damit meine Frau nicht alleine in die Kirche muss.”
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Nur Joaquin wusste, wie sehr sie sich darum bemühte, diese Farce aufrecht zu erhalten. Vermutlich schmerzten ihr längst die Wangen vor Anstrengung, wobei es ihn auch nicht gewundert hätte, wenn Aurora sich dieses falsche Lächeln längst ins Gesicht genäht hätte, um ja keinen anderen Ausdruck zuzulassen.
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Ihm hätte bewusst sein müssen, dass eine Frau wie Aurora glücklich zu machen, im Grunde unmöglich war. Ihre Ansprüche waren zu hoch, ihre Finger zu gierig und doch nie zufrieden mit den, was sie zu greifen bekam. Er konnte ihr Kinder schenken, ihr unzählige Kleider kaufen, mit seinen eigenen Händen ein Haus im Herzen von Stellans errichten und sie würde dennoch nach mehr oder plötzlich etwas gänzlich anderem verlangen.
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Bär hasst es, Besucher zu sein. Nur Gast an einem Ort, in dem seine Kindheitserinnerungen kleben wie Insekten im Baumharz.
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Margot würde immer die Weinende sein, immer die Madonna mit den perlenden Tränen, doch James hatte das ultimative Verbrechen damit begangen, sich zu verändern.
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Und doch wollte er, dass Margot diese Taubheit wegweinte. Wollte ihre Tränen auf der Haut spüren; noch schmerzhafter war nur die Vorstellung, wie sie den Mund in die Handfläche drehte und mit den Lippen die Narben küsste, als könnte sie damit heilen, was der Krieg ihm genommen hatte.
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In Margot D’Ambrosio’s Welt flogen selbst tote Vögel noch.
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”Es könnte aber auch sein, dass er einfach in letzter Zeit seltsam gelaunt ist. Manchmal reagiert er zum Beispiel sehr empfindlich auf zu starken Kaffee. Noch schlechter natürlich auf zu milden Kaffee. Und am schlechtesten auf gar keinen Kaffee. Hat er dir gegenüber irgendetwas von Kaffee erwähnt?”
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”Warte mal — du wohnst nicht ernsthaft in einer der Ruinen neben dem Moor, oder?” Sie war, im Gegensatz zu ihren älteren Geschwistern, hauptsächlich in Stellans aufgewachsen. Sie kannte die Geschichten, die sich nun federleicht in ihren Gehörgang schmiegten, wie Erinnerungen an eine wimmernde Melodie.
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”Ich weiß, dass es dir Befriedigung verschafft, meine Pläne durchkreuzt zu sehen. Aber es ist nicht zu spät, dich nützlich zu machen, Chiyeol. Verschwende sein Blut. Tu es für mich, nicht für sie.”
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Weil er hasste, wie vertraut ihm dieses Grinsen war, dass er es selber hätte malen können, auch ohne Künstler zu sein. Dass er dieses Lächeln fast hörte, mehr als das Krächzen, mit dem Chiyeol seine Worte anführte.
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