Alle Inplayzitate
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Sie alle neigten wohl dazu, so zu tun, als wären sie unantastbar; es fühlte sich auch so an, in ihrem Alter berührte sie nichts, nicht dauerhaft, und zugleich schlug alles Wunden.
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”Umgekehrt ist es genauso, Katya. Ich bewundere dich. Aber die Vorstellung, wie wir miteinander schlafen, macht mich sehr traurig.”
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”Ahh … ja. Apropos Maksim … Er ist heute nicht zufällig mit dir hier? Nur damit ich mich nicht unnötig erschrecke, falls er doch noch aus der nächstbesten Torte rausspringt und mich begrüßt, weil er mich sooo sehr vermisst hat. Hmph.”
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”Ich bin aber nicht froh über seine Wut. Ich will, dass er sich entschuldigt. Ich will, dass er aufhört, sich so anzustellen und mir das Gefühl zu geben, ich sei ein schrecklicher Freund. Ich will …” Er beendete den Satz nicht, sondern presste nur noch einmal die Lippen aufeinander und zuckte mit den Schultern. Er wollte so vieles, und doch gab es von diesem Vielen genug, was unaussprechlich war und es auch bleiben würde.
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Von Katya erhoffte er sich vielleicht keine verständnisvolle Schulter zum Ausweinen, weil das überhaupt nicht in das von ihr erweckte Bild passen würde, aber er glaubte doch, dass sie ihm zumindest eine Chance geben würde. Sie würde ihn anhören. Und wenn sie ihn dann als Idioten und Schuldigen betitelte … läge sie eben auch falsch.
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Es war nicht schön, Eliyas zu sehen. Er hatte Eliyas nicht vermisst.
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Das Lächeln auf Maksims Lippen sah so unecht aus, und doch so ekelhaft verletzend, die bloße Existenz eine Beleidigung, dass es Eliyas die Sprache verschlug. Und wäre es nicht das Lächeln gewesen, dann die Wiederholung der Worte, die alles gewesen waren, was Eliyas hatte hören wollen. Nur dass die Art und Weise, wie Maksim sie höhnisch hervor spie, deutlich aufzeigte, dass sie nicht ehrlich gemeint waren.
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Wie leicht ihre Streitigkeiten abzuwenden wären, wenn Maksim nur sagen würde: Ich weiß, dass das nicht stimmt. Ich kenne dich. Ich kenne dich, Eliyas. Ich weiß, dass es dir nicht egal ist, dass wir dir nicht egal sind. Doch derlei Worte wurden bereits davon unmöglich gemacht, dass sie einander seit Adamas kaum noch beim Vornamen nannten; nur in betrunkenen, seltsamen Momenten war das noch vorgekommen. Und nun würde es das nie wieder. So war es eben nun einmal.
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Zedekiah Hewley trat gerade zwischen den Streben der Bühne hervor, das Gesicht so markant, dass Eliyas ihn sofort erkannte, obwohl sie während der Schulzeit nicht befreundet gewesen waren. Dennoch erinnerte er sich sehr genau daran, wie Zed Selena stets hinterher gedackelt war. Mal abgesehen davon, dass Eliyas Katz ein ansehnliches Gesicht niemals vergaß.
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Sein Blick blieb stets auf Salimatou Ba geheftet, so ernst nahm Timothy seinen Job.
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So standen sie, beide voneinander weg gedreht, wie es früher niemals der Fall gewesen wäre. Früher war da so viel Vertrauen gewesen, so viel Selbstverständlichkeit, doch diese wirkte mittlerweile Jahre entfernt. Etwas, von dem Eliyas geglaubt hatte, dass es ihm niemals verloren gehen würde, schwamm mit einem Mal davon.
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Aber wenn man Tag ein, Tag aus mit Grausamkeiten konfrontiert wurde, über die zu sprechen einem unmöglich war, hörte man eben auf zu schreiben. Man hörte auf, Worte zu suchen. Man hörte auf, zu dichten. Die leere Seite wurde zum falschen Freund, der nur höhnische Sprüche für einen übrig hatte und an dessen miserable Gesellschaft man sich doch gewöhnte.
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Eine Begegnung mit Maksim Fedorov, der anscheinend mit seinem Bruder Miron Fedorov unterwegs war, hatte ihm noch gefehlt. Nicht, dass es ihm möglich gewesen wäre, den Fedorov in diesem Augenblick anzusprechen. Ausnahmsweise stand ihm aber auch nicht der Sinn danach; ihm war zu kalt und er langweilte sich, aber er langweilte sich doch nicht genug, um sich einer sinnlosen Provokation des Fedorovs hinzugeben.
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Wie gerne läge er jetzt irgendwo in den Tropen und würde sich den Rücken von einem hübschen Mann mit sanften Händen einölen lassen. Stattdessen war er dazu verdammt, auf dem Herbstfest zu sein.
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Stattdessen hatte er von Maksim eine übergezogen bekommen. Stattdessen hatte er seinen besten Freund verloren — oder eher hatte Maksim ihm die Freundschaft gekündigt, hatte ihm geklaut, was rechtmäßig Eliyas zustand, wie als wäre ihre Freundschaft auf einem Geschäft begründet, das sie noch in Windeln getätigt hatten.
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Aber so wie Maksim aussah, bezweifelte er, dass eine Frau ihn in seine Nähe gelassen hätte, mal von einer Prostituierten abgesehen. Aber selbst jene besaßen Standards, zumindest Eliyas’ Auffassung nach.
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Er war schon immer Experte darin gewesen, sich ausgerechnet nach der Nähe zu sehnen, die von einer zur Faust geballten Hand gebracht wurde. Sie schmeckte zu gut; sie fühlte sich an, wie als müsse er sie sich nicht erst verdienen; sie gehörte ihm, ohne dass er etwas dafür tun musste. Sie war die einfachste Form der Zuneigung, und von Maksim war sie momentan vermutlich alles, was er zu erhalten hoffen konnte.
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Eine gefühlte Ewigkeit saß er dort, dann sammelte er sich, suchte nach ein paar Flaschen Wein und verließ die Wohnung wieder. Und als er den Park erneut betrat, man ihn laut johlend fragte, wo er den Fedorov gelassen habe, dämmerte ihm, dass Maksim nicht gelogen hatte. Natürlich nicht, wie naiv von ihm, das zu glauben! Maksim Fedorov hatte nicht gelogen, als er sagte, er wolle ihn nie wiedersehen.
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Es war nicht so, wie Maksim dachte. Eliyas waren seine Freundschaften heilig, Maksim war ihm heilig, aber die Anstrengung, die es ihn kostete, nicht damit herauszuplatzen, dass er nie richtig geliebt hatte, nur hoffnungsvoll und verquer, im Glauben, er könne dadurch jeglichen Gedanken an Maksim abschütteln, verhinderte dass er überhaupt etwas sagen konnte.
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Maksim Fedorov machte in diesem Augenblick vor allem eines deutlich: Er wollte in den Ring steigen und sich wahrhaftig prügeln; er wollte ihn mit sich in einen Sumpf ziehen, von dem Eliyas, der stets vornehmer tat als er seiner Herkunfts wegen war, sich abgestoßen fühlte.
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Eine stumme Hoffnung regte sich auch jetzt noch in Eliyas — egal, wie unsinnig es auch war, hoffte er, dass Maksim doch noch lachte und alles wieder wie immer wäre. Oder vielleicht hoffte er auch, sie könnten sich beide am Riemen reißen und so tun als ob es das wäre, auch wenn die Wahrheit wie stinkender Schwefel in der Luft lag.
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Katya war also wieder in Stellans. Interessant aber nicht interessant genug, um ihm mehr als einen kalten Spruch zu entlocken: ”Und? Hast du ihr zur Begrüßung auch eine übergezogen?”
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Sein Blick flackerte kurz zu Koshka, der zwischen ihnen beiden herumwuselte, und kurz wünschte er sich, der Husky würde mal auf die Idee kommen, die nervige Motte zu jagen oder zu fressen… Aber auf eine solch grandiose Idee schien Maksims Familiar nicht zu kommen, selbst wenn er Eliyas, der das Schlehengeistchen manchmal regelrecht unerträglich fand, damit einen Gefallen getan hätte.
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Der Schmerz war so eindringlich, dass er zu schwer auf einmal zu fühlen war. Aber er stolperte von der Wucht einen Schritt zurück, sein Kopf ging unangenehm nach hinten; kein Ausweichen, ein schmerzerfülltes Empfangen. Wie erbärmlich, dass er sich wünschte, Maksim würde direkt noch einmal zuschlagen. ”Danke”, nuschelte er ominös.
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Nein, das hier ist nur ein kleiner Streit, redete sich Eliyas ein. Dass sein Familiar bei dem Gedanken leise hüstelte und das fühlt sich aber gar nicht danach an behauptete, wies er vehement von sich.
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Trotz dass Maksim ihm keinerlei Aufschluss über seine Laune gab, glaubte Eliyas jedoch nicht daran, dass dies das Ende ihrer Freundschaft war. Er wusste aus Erfahrung, dass Maksims Launen wieder verflogen, wenn man ihm genug Raum und Zeit gab, um über alles nachzudenken — nur geben wollte Eliyas ihm weder das eine, noch das andere.
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Gerade wollte Eliyas Maksim einfach nur an die Wand klatschen. Wenn die Vorstellung für ihn nicht so absurd wäre, seinen besten Freund mit dem breiten Kreuz einfach am Kragen anzuheben und gegen das nächste Schaufenster zu schubsen, hätte er es vielleicht sogar versucht.
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Wut darauf, dass er nicht einmal mehr wusste, wie er Briefe an seine Eltern, an seine Freunde, oh, vor allem aber an Maksim, schreiben sollte, die nicht zensiert werden würden. Wut darauf, dass seine Gedichte sich formlos und nackt anfühlten und er sie nicht genoss, sondern selbst verachtete.
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Sie berührten einander nicht. Nicht wirklich. Nur mit Ellbögen, die man mal in die Seite rammte, oder einem Klaps auf den Hinterkopf. Eliyas hatte regelrecht Angst davor, Maksim könnte ihn doch irgendwann einmal in eine Umarmung ziehen. Was, wenn dann alles aus ihm herauspurzelte, was er jahrelang tief in sich vergraben hatte? Was, wenn Maksim spürte, wie er sich verspannte aber sich dann so nah an ihn drückte, so verräterisch nah, dass er sofort wusste: Mein bester Freund ist in mich verliebt.
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Mehr noch als Eliyas Familiar, war Maksim die Stimme der Vernunft in seinem Kopf. Manchmal so lästig, vor allem wenn er das Gefühl hatte, sie riefe ihn heim und rede ihm ins Gewissen. Heute fühlte er sich dieser Stimme nicht nah, heute war sie so weit weg wie Maksims Blick, der irgendwie immer und überall war, nur nie dort, wo Eliyas ihn haben wollte: auf sich. Immer auf sich.
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