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« Du kennst Maksim – er ist unbesiegbar. » Das ist die Fedorova Krankheit; auch wenn Junho Maksim nicht so kennt, man kennt ihn. Das setze ich voraus, so wie ich atme. Man kennt jeden der Familie – das ist ein großer Name für ein kleines Stellans. Und er wird nie kleiner.
„Es ist Dämmerstunde. 18:50 Uhr. Die Sonne ist vor etwa einer halben Stunde untergegangen.“ Skeptisch hob er eine Augenbraue. Der Mann sah aus, als würde er ihm in den nächsten Momenten vor den Tresen fallen. „Kann ich Ihnen helfen? Benötigen Sie…“ Sauerstoff? Einen Wegweiser nach draußen, um dort zu Grunde zu gehen? „…Wasser?“, fragte er distanziert, kühl und verschränkte die Arme vor der Brust. Was für ein unnötiges Angebot. Dieser Tage regnete es die Hälfte aller Stunden. Sollte er doch den Kopf in den Nacken legen und den Mund öffnen.
Wut war ein so hässliches Gefühl. Ein beständiges Nagen, ein hungriges Tier, das nie satt wurde, egal, wie oft man es fütterte. Es zerfraß einen von innen heraus, nagte an den Knochen, am Verstand, ließ nichts als brennende Ruinen zurück. Ein glühender, fiebriger Puls unter der Haut, der einen antreiben konnte — oder zerstören.
Stattdessen zwang er ein Grinsen in sein Gesicht, stützte die Wange auf seine Hand, während er Mairi dabei zusah, wie diese nun geschickt über Velmas Finger kletterte, als sei ihre Zuneigung eine Trophäe, die es wert war, vorgeführt zu werden.
Das Räuspern, das sie noch hinterherschob, war zu gezielt, um nur ein simples Räuspern zu sein — es wirkte wie eine Klammer um die unausgesprochenen Worte.
Durch den Laden zu navigieren, während Hamlet sein Unwesen trieb, glich einem Slalomlauf. Die Ziege benahm sich wie eine überdimensionale Katze mit Hörnern, stellte sich demonstrativ in den Weg und schien regelrecht auf eine Gelegenheit zu lauern, jemanden zu Fall zu bringen.
Bisher konnte ich meine merkwürdige Popularität dazu nutzen, sie zum Lernen zu animieren.
Hätte er das Talent eines Poeten besessen, vielleicht hätte er Cassius' Blick mit einem Meer verglichen, das nach einem Sturm zur Ruhe kam — wenn das Grau der letzten Gewitterwolken sich noch in den Wellen spiegelt, während erste Lichtstreifen den Horizont berühren. Eine Farbe, die nicht standhielt, die sich mit der Zeit, mit dem Licht, mit der Stimmung veränderte. Doch Arvin war kein Poet.
Vielleicht war es ein Akt der Gnade, es schnell zu beenden. Vielleicht auch nicht. Das würde sich noch zeigen. Wenn nicht heute, dann an einem anderen Tag. Sein Blick glitt zur Tür. Jeden Moment würde Kubiak dort auf seiner Schwelle stehen. Würde eintreten und sich setzen, ohne zu ahnen, dass er sich in den Sessel eines Scharfrichters begab.
Denn Joaquin war schon lange ein Wunder Punkt bei ihm. Alles in ihm schrie danach, zumindest einmal mit seinem jüngsten Bruder richtig den Boden aufzuwischen.
"Wirklich, Joaquin? Nach all den Jahren schmollst du immer noch wie ein kleines Kind darüber, dass deine großen Brüder nicht mehr Zeit mit dir verbringen konnten? Werd endlich erwachsen."
Auch wenn er es nur mäßig schaffte ihr ein paar Worte über ihre eigene Vergangenheit zu entlocken, war ihre Gegenwart so entwaffnend, dass es ihm fast leicht viel, sich selbst stattdessen zu öffnen und ihr Schnipsel seiner Vergangenheit zu offenbaren.
Letztlich hatte sie Venus, trotz der anfänglichen Abneigung gegenüber des lächerlichen Namens, näher kennengelernt und in den Mundwinkeln ihres unschuldigen Lächelns einen scharfen Verstand und Spott gefunden; eine Kombination, die sie so interessant fand, dass sie genauer hinsehen wollte.
Als sähe Arvin ihn als einen Stadtmenschen - und was hatte er getan, um plötzlich eine Beleidigung zu verdienen? Konnte er ihn, wenn unbedingt notwendig, nicht einfach als Arschloch bezeichnen?
Das Feld auf dem er sein Interesse gegenüber Menschen säte war ohnehin unfruchtbar.
Dem Gefühl der Wut hatte er lange abgeschworen. Zumindest hatte er das geglaubt. Gleichgültigkeit, das war es, woran Cassius sich klammerte, seit… er wusste es nicht einmal mehr genau. Seit vielen Jahren. Wut ließ ihn impulsiv werden und wohin ihn dieses Gefühl zerrte, hatte er bereits ausreichend feststellen dürfen. Wut machte ihn angreifbar. Und im Fall der Fälle wollte nicht er derjenige sein, der sich zu verteidigen hatte. Er war die Offensive.
Schroff. Das waren die Worte manchmal, wenn sie Cassius' Lippen verließen. Irgendwo zwischen herausfordernder Konfrontation und unhöflicher Direktheit, mit der nicht jeder warmzuwerden wusste. Manch einer fühlte sich davon schnell vor den Kopf gestoßen — eine Wirkung, die, wie Arvin wusste, oft gezielt heraufbeschworen wurde, denn seine Mitmenschen hielt der Shepherd lieber auf kühler Distanz. Möglichst weit weg von sich, bloß nicht zu nah. Doch über die Jahre, die sie einander nun schon kannten, hatten die bedachten und unbedachten verbalen Hiebe ihre Reißzähne eingebüßt. Da zwickte nichts mehr, wenn die Stimme etwas trockener, etwas abweisender wurde. Da war kein Gefühl von Verunsicherung, wenn man sich insgeheim fragte, was man falsch gemacht hatte, um solch eine Reaktion provoziert zu haben.
Cassius spürte die Kälte kaum, die sich trotz Mantel und einem ungewöhnlich farbenfrohen, dunkelblauen Schal zu ihm durchfraß.
Zu diesem Schluss würden wohl auch Good Cop und Bad Cop kommen, die ihn dort hinter verschlossenen Türen befragten, nur um zu klein geratene Genitalien zu kompensieren.
Noch nie hatte sich der Herbst so lang angefühlt. Noch nie hatte er so wenig Lust auf den Winter verspürt. Er mochte das Gefühl nicht, das da in seiner Brust heranwuchs und auf seine Lunge drückte, wie ein tödliches Geschwür. Es fühlte sich kalt und erdrückend an und gleichzeitig — irgendwie leer. Seine Augen kletterten hinauf zu der dunklen Wolkendecke, die sich über Stellans spannte. Trist. Natürlich.
Doch dann nickte der Mann hinter dem schweren hölzernen Schreibtisch, schlug ein dickes Buch auf, das wie ein stiller Beobachter die Geschichte derer festhielt, die bereits vor ihm hierher gekommen waren, und legte die unterschriebene Zeugenaussage hinein.
Schließlich schob er das Schriftstück zurück über den Tisch, damit der Beamte noch einmal einen prüfenden Blick darauf werfen konnte, der beinahe so lange auf das Geschriebene gerichtet war, dass Arvin sich unweigerlich die Frage stellte, ob er seinen eigenen Namen vielleicht falsch geschrieben hatte.
Denn seine Heimat war nicht nur ein Land, nicht nur ein Küstenort und nicht nur der besondere Klang englischer Worte – es waren auch, oder vor allem, Personen, die nun nicht mehr in seinem Leben weilten und ohne die selbst die schönste Umgebung der Welt ein klein wenig grauer wirkte, das Schreien der Vögel ein wenig dumpfer, die Herzlichkeit der Iren ein wenig reservierter.
Das Kreischen der Möwen wich dem etwas sanfteren Klang kleinerer Vögel, die Arvin sicher benennen konnte, für Cassius in diesem Moment allerdings nichts weiter verkörperten als kleine, namenlose Instrumente der Natur.
Wieso findest du’s bei Mairi liebenswert und bei Arvin nervig?, schaltete sich Biscuit schließlich ein, woraufhin Percy irritiert seinen Familiar ansah. Hä?? Die beiden konnte man doch gar nicht miteinander vergleichen! Mairi war süß, während Arvin immer aufdringlich gewesen war und nie locker gelassen hatte, egal, wie oft er ihm die Bücher aus der Hand geschlagen hatte. Was fiel seinem Familiar nur ein, hallo?!
Ich bin lieber in der Zeitung als dass ich daran arbeite.
Zu schade, dass ich nicht dein Gesicht gesehen kann, wenn du diesen Brief liest. Ich hätte zu gern gesehen, wie dir die langweilige Beherrschung aus den Zügen entgleitet.
Es war, als wäre er zwischen zwei Welten gefangen: die sanfte Wärme seiner Mutter, die ihm erlaubte, weich zu sein, und die unnachgiebige Härte seines Vaters, der von ihm verlangte, dass er sich durchsetzte, dass er nie einknickte und Haltung bewahrte.
So eine Puppe hatte keine Persönlichkeit. Verlor Zenaida gerade ihre? Weil sie nicht mehr erfolgreich war, weil sie ihre Freund:innen nicht mehr hier hatte? Wer war sie jetzt? Eine Versagerin. Dieses Geständnis, nicht mehr gesehen werden zu wollen, inmitten hungriger Augen, die sich an ihrem Sturz nicht sattsehen können, wog schwer.
Wenngleich die Offenbarung ihrer Unsicherheit für die eine oder andere Person nichtig oder kleingeistig wirken mochte, schien sie Zenaida gar selbstzerstörerisch zu sein. Es kam ihr vor, als würde sie ihr sorgsam aufgebautes Image der unantastbaren Königin selbst demontieren, wie eine Schaufensterpuppe, die man auseinandernahm, um ihr den neuesten Modetrend überzustülpen.
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