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Ambróis sehnte sich danach, dass Eliyas sich miserabel fühlte, so wie er sich damals miserabel gefühlt hatte, und so waren es nun salzige Tränen, die er sich aus den Augenwinkeln presste, während er Eliyas ansah, als wäre jener seine einzige Rettung.
Es wäre anders, wenn er wüsste, warum genau sie hier sind und was es ist, was Eliyas so tun lässt, als hätte Ambróis ihn in den vergangenen Wochen nicht alles gegeben, wonach er sich gesehnt hat. Aber die Vorstellung, dass es plötzlich Eliyas ist, der ihrer befristeten Zeit miteinander ein Ende setzt, erscheint Ambróis so abwegig, dass der Gedanke sich nicht zur Gänze formen kann. Oder eher ist es sein Ego, welches sich dagegen sträubt, ihm eine Form zu geben.
”You could’ve just written to me that you were sick, so I would’ve come by to take care of you. I make a mean soup, you know.” Wenn sie ehrlich wären, würde Eliyas ihm nun sagen, dass er nicht wirklich krank war, und Ambróis würde zugeben, dass er reichlich wenig Interesse daran hatte, Krankenpfleger zu spielen.
Zugleich sehnte er sich seit Anbeginn danach, lauter zu sein, nicht nur ein Flüstern, zwischen kristallenen Kronleuchtern und sich drehenden Spieltischen.
In seiner Angst zitterte er nicht, sondern er lag totenstill. Regungslos, unfähig, auch nur irgendetwas zu tun. Das war es, was Ambróis am meisten fürchtete. Nichts zu tun und Nichts zu sein.
Ihre Liebe war zum Scheitern verurteilt gewesen und Ambróis war weit entfernt davon, dem Katz hinterher zu trauern, aber es ließ sich nicht von der Hand weisen, dass es kaum etwas amüsanteres gab, als mit anzusehen, wie sich Eliyas und seine Freunde gegenseitig ein Bein nach dem anderen in den Weg stellten.
Dafür waren Ambróis Augen zu geübt darin, nach genau diesen Dingen Ausschau zu halten - nicht nur geübt, es war gar sein Job, auf das Funkeln im Blick seines gegenübers zu achten, auf Schultern, die sich entspannten und ihm zuwandten, ein Lächeln, das nur darauf wartete, von Ambróis ans Licht gelockt zu werden.
Es war eine Beleidigung aber auch ein Geschenk, wie sehr sie das Spinnennetz unterschätzten und Ambróis konnte es kaum erwarten, ihre Gesichter zu sehen, wenn ihnen früher oder später dämmern würde, dass es längst zu spät war, das Spinnennetz aufzuhalten.
Es war seltsam verlockend - nicht die Zelle, sondern das Risiko. Nicht mit voller Gewissheit zu wissen, was als nächstes geschehen würde, hatte einen verqueren Reiz für den Cassidy, als wäre das Adrenalin nur eine weitere Droge in seinem Blut.
Damianos, der schwarzhaarige Grieche, der zwar nicht blond, aber durchaus gewaltbereit gewesen war, hatte zumindest zur Hälfte genau in Eliyas’ Geschmacksprofil gepasst. Vor allem an die muskulösen Oberarme konnte Ambróis sich noch erinnern, aber auch daran, wie Damen jene nach jedem Orgasmus geküsst hatte und sich in seinem Selbstlob halb ertränkt hatte.
Wo Eliyas war, war auch sein breitschultriger Schatten meistens nie weit entfernt gewesen und es hätte Ambróis noch nicht einmal überrascht, wenn Eliyas eines Tages auch den Fedorov zu ihnen ins Bett eingeladen hätte, nur um Ambróis dann wie eine einsame Jungfer auf der Kante sitzen zu lassen, während er sich mit seinem angeblich nur besten Freund vergnügte.
Dabei war es nicht nur der Alkohol, welcher Eliyas in seinem Sein regelrecht verwaschen hatte, nicht nur die Stunden einer Nacht, die sie mit einem guten Kater (einer Katz, haha) zurücklassen würde.
Eliyas’ Lippen schmeckten noch immer nach süßen Kirschen und seinem heiteren Lachen, aber sie waren nicht dazu bestimmt, zu verweilen. Sie gehörten zu ein paar flüchtigen Tagen im Sommer, waren wie ein erfrischendes Eis zwischen der Hitze und anstehenden Prüfungen.
”Woher kennst du die nochmal? Einem Dichter-Club? Machen bei sowas nicht nur Spießer mit?” Ambróis schnalzte einmal mit der Zunge und wedelte mit der Hand durch die Luft. ”Du hast doch keine Ahnung - weißt du überhaupt, was Dichter machen?” ”Dichtern?”
Heute Nacht würde er Griffith nicht das Blut aus dem Gesicht tupfen, heute würde er sich tatsächlich amüsieren.
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