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Sie hatte immer gemocht, dass Maurice sich vor ihr klein machte, um ihr mehr Raum zu geben. Als würde er seine Präsenz für sie zusammenfalten, um ihr eine Bühne zu geben.
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Das Lächeln auf ihren Lippen war langsam, aufblühend wie eine fleischige Orchidee, aus deren Kelch etwas Scharfes ragte.
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Ihren sonnenleuchtenden, elendigen Maurice. Er trug dieselbe Dornenkrone. Sie wuchsen ihm nach innen. Zart, verborgen, und grausam. Er war immer das Lamm gewesen; willig, gierig darauf als Opfer dargeboten zu werden. Schlimmer: Er war der Freiwillige. Der, der sich schlachten ließ, der sich nicht wehrte. Noch immer trug er diese Rolle genussvoll.
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Früher hatte sie sich zu dieser Selbstgefälligkeit hingezogen gefühlt, heute wusste sie, dass wie erbärmlich er war. Heute wusste sie, dass sein Spott stets ihm selbst gegolten hatte. Sein Grinsen war fett. Fleischig. Aufdringlich wie Schmeißfliegen auf offener Wunde. Ein Schlachthoflächeln, das selbst den Heiligen entweiht hätte. Neben ihm war Maurice kleiner geworden, in sich zusammengesackt, die Hände gefaltet, als betete er, obwohl Héloïse wusste, dass er es nicht tat. Er war zu sensibel für Dogmen, zu verletzlich für Zorn.
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Sie erinnerte sich daran, wie sie zu viert auf den kalten Holzbänken saßen, Schulter an Schulter, Rücken gerade wie Sünder im Geständnis.
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Der Blick aus Obsidian lag kalt auf ihm. Und auch Silas Gesicht zeichnete keine sprudelnde Freude als er seine alte Freundin sah, stattdessen schienen rote Schatten in seinem Blick zu tanzen. Wütend, glühend. Kohle und Asche. Wenn die beiden einander nicht so fremd geworden wären, dann hätte man dies als ihr altes Spiel bezeichnen können.
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Wenn sie an ihre gemeinsame Schulzeit zurückdachte, dann blieb eine Erinnerung prägend: Sie und August auf dem Dach, den roten Wein direkt aus der Flasche trinkend und Silas Hand, schmutzig vom Klettern, wie er sie lachend durch das weizenblonde Haar von Maurice zauste. Sie hatten einander alle geliebt, aber diese Zeit war lange vergangen. Es gab keine Bande mehr zwischen ihnen, und wenn doch, war Héloïse hier, um sie mit aller Gewalt zu zerschneiden.
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Kokettierend mit ihrem Talent war Héloïse stets irgendwo zwischen unerträglicher Arroganz und zähnefletschendem Charme. Und wer sich dem ergab, konnte unter ihrer Führung genauso außerordentlich sein wie sie
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Sie wusste nicht, ob zuerst sie oder zuerst Silas den spärlichen Briefkontakt abbrach. Losgelassen hatte sie ihn trotz all der Jahre nicht. Er trug ihre Bissspuren tief in seinem Fleisch so wie sie seine Klauen. Und als sie ihn mit ihren Obsidianaugen fixierte, konnte sie den alten Schmerz süßlich in ihr klingen hören.
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Sie sah so fabelhaft aus, wie sie es sich mit jeder Fantasie vorgestellt hatte, wie ihr Aufeinandertreffen sein würde. Er hingegen sah in seinem Priestergewand so bemitleidenswert aus, dass sich all die angestaute Wut auf ihn nicht wirklich entfesseln wollte.
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Sie empfand keine Blöße dabei allein zu sein, sie brauchte niemanden an in ihrer Seite. Aber als sie Silas eintreten sah, wünschte sie einen absurd attraktiven Partner an ihrer Seite sitzen zu haben.
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Héloïse hatte nicht nur für sich selbst große Ziele gehabt, sie hatte auch für andere träumen können. Und eine Fantasie aufzugeben war oft schmerzhafter als etwas in der Wirklichkeit zu entbehren.
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Schweiß hatte sich an ihrem Hals gesammelt; salzig kroch er in den hohen Kragen ihrer Bluse. Salzig war auch ihr Blick. Leidenschaftlich verfärbt von dem Moment.
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