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Er ist froh, etwas zu tun zu haben und geht darin auf wie eine Glucke, die gerade ein Ei gelegt hat. Alles, nur um sich von den Ecken und Ritzen des Bildes der Realität abzulenken, welche die rosarote Farbe nicht ganz zu überdecken vermag.
Da gibt es zu viele unausgesprochene Worte zwischen ihnen, die, je länger sie sie in dem Sud aus Unmut, Ärger, Sorgen und Zweifeln köcheln lassen, nur noch größer, ominöser und unheilvoller werden und irgendwann wird ihr Gestank bis zum Himmel reichen. Aber Freddie hält sich nur weiter die Nase zu und bemalt offensichtliche Tatsachen mit leuchtenden Rosatönen, um sie der grauen Tristesse der Realität zu entheben. Der Probleme hat er sich so zwar nicht entledigt, aber zumindest muss er sie nicht mehr sehen und kann freudig weiter ihre Existenz leugnen.
Sein Lachen ist leichtfüßig und laut, passt nicht im geringsten zu der eher tristen post-katastrophen Novemberstimmung auf den Straßen. Manche Köpfe heben sich, Augenpaare blicken verwirrt, argwöhnisch, sogar verärgert in seine Richtung, als dürfte man dieser Tage nur noch flüsternd lachen, am besten eigentlich gar nicht.
Es ist dennoch erfrischend, sich nun die Nacht mit Ambróis und Flyern um die Ohren zu schlagen, weil Ambróis interessant ist und Freddie etwas neugierig, und weil es schlichtweg aufregend ist, durch die Schatten zu wandeln, außerhalb des Lichtskegels der Laternen, durch kleine Gassen und versteckte Ecken der Stadt, heimlich wie ein Dieb in der Nacht, nur dass sie niemandem etwas stehlen, nur geben.
Und, dass er der Schreckschraube von nebenan, die gerade ganz zufällig einen Blick aus ihrem Fenster geworfen hat, eine fabelhafte Show bieten konnte, über die sie sich mit ihren Freundinnen beim Kaffeekränzchen sicherlich wieder das Maul zerreißen wird.
Und manchmal, da ist es nicht nur bloßer Unmut, da ist es leises, hässliches Flüstern, ob Ollie sich vielleicht für etwas besseres hält, weil er sich eben nicht auf derartiges ‘herablässt’. Und dann werden manchmal selbst Freddies Witze darüber etwas zu viel und etwas zu wenig lächerlich, als dass man darüber noch aus Mitleid lachen könnte, und nicht selten hat es Momente gegeben, in denen Heyne ihm mit einem sanften Stups gegen die Schulter und einem flehenden Ausdruck in den wehleidigen Zügen zum Aufhören zu bewegen versucht hat.
Die Angst gefriert auf seiner Haut, windet sich durch die Ritzen seines Schals, zieht sich seinen Nacken hinab, lässt die Haare dort zu Berge stehen. Vielleicht hätte sie sogar die Kraft gehabt, ihn in seinem Tun zu hemmen, wäre da nicht die Faszination am Verbotenen, deren Hitze unter seiner Haut schwelt, scharfe Stiche über seinen Rücken, seine Arme, sein Gesicht jagt, die ihm zu Kopfe zu steigen scheint.
Nichts an seinem Auftritt spricht heute von dem Frédéric Rousseau, den man kennt. Keine grellen Farben, keine bemusterten Pluderhosen, keine bunten Schals. Hier und jetzt verschwimmt er im langweiligen Einheitsbrei wie der Rest der Welt.
Vielleicht ist es Übung, vielleicht ist es Spaß, vielleicht ist es Angst, wer zum Vorschein kommt, wenn er damit aufhört.
”I can do stuff on my own quite well, thank you very much.” Eine Halbwahrheit, im besten Sinne.
Aber die nächsten Worte seines Gegenübers schaffen es tatsächlich, ihm ein unwillkürliches Schmunzeln zu entlocken, das er, in dem Moment, in dem er es bemerkt, hinter seinem Schal zu verstecken versucht. Ist es… Stolz? - Nichts, was er offen zugeben kann, zumindest. Doch in der Tat flammt etwas in ihm auf, das Stolz ziemlich nahekommt. Stolz, dass er etwas für sich hat, etwas, das nur ihm gehört, etwas eigenes - endlich -, nachdem er so lange danach gesucht hat.
Freddie weigert sich vehement, den Zweifeln, die sich in seinem Inneren aufzubäumen versuchen, stattzugeben. Er weiß, dass sie da sind, aber ignoriert sie geflissentlich. Wie ein nerviges Kind, das zu oft am Rockzipfel der Mutter zieht und nach Aufmerksamkeit verlangt, die man ihm nicht geben will.
Er verschließt die Augen vor dem dunkel gefärbten Kopfsteinpflaster - das im Schwarz der Nacht wesentlich weniger deutlich hervorsticht als unter dem Licht der Sonne -, er wendet den Blick ab, wenn er ein Gebäude passiert, das noch vor wenigen Tagen nicht so ramponiert ausgesehen hat. Er lässt sich in die selbst aufgezwungene Unwissenheit fallen, nur um sich nicht mit den Tatsachen konfrontieren zu müssen.
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