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Natürlich wollte auch er eine bessere Zukunft. Für ihre Welt und selbstverständlich auch für die Welt der Sinma. Für seine Familie und Freunde, die teilweise schreckliches durchgemacht hatten. Für sein Patenkind und alle anderen Kinder, die ihre Generation in den kommenden Jahrzehnten ablösen würden. Eine Welt ohne Angst, ohne Grausamkeit, ohne die Schatten, die ihm selbst zu lange gefolgt waren. Eine Zukunft, in der das größte Abenteuer das Lernen, Entdecken und Leben war — und nicht das bloße Überleben.
Er war nicht gekommen, um Seelen zu retten. Nur, um die Wahrheit aus dem Dreck zu ziehen. Und wenn sie dabei zerschlagen, zerbrochen oder verbrannt werden musste, dann war das eben der Preis.
Es war, als würde ihre Umgebung selbst einen Schritt zurücktreten, um Platz zu machen für das, was sich nun zwischen den Fugen des Moments schälte: die Präsenz der schwarzen Magie. Ein leiser Nebel, träge und schwer, wie die Erinnerung an etwas, das längst in Vergessenheit geraten war. Corvus ließ ihn spüren, dass sie da war, nicht, indem er sie direkt entfaltete, sondern indem er sie andeutete, wie ein Bild, das im Dunkel nur durch die Silhouette zu erkennen war. Die Narben an seinem eigenen Körper, gut verborgen unter Stoff und Zauber, schienen bei ihrem Flüstern mitzusingen.
Er trat näher, sein Blick wie ein Skalpell, das bereits vor dem Schnitt erkannte, wo die Schwäche saß.
Der Ausdruck in seinem Gesicht war ein Chaos aus vielem: Erschöpfung, Angst, der unbeholfene Versuch, sich nicht in seinen eigenen Gedanken zu verlieren. Verzweiflung stand darin, klar wie Tinte auf frischem Pergament. Er sah ihr beim Arbeiten zu, wie sie Brotscheiben schnitt, als wären es Gedanken, die sie in gleichmäßige Scheiben portionierte.
Er biss sich auf die Unterlippe, spürte das schmerzhaft ziehende Brennen einer alten, aufgebissenen Stelle, die nie ganz verheilte. Seine Finger verschränkten sich, verkrampften sich, lösten sich wieder. Es war ein leises, inneres Ringen, fast so, als würde er seine eigene Auflösung hinauszögern, eine Bewegung nach der anderen, um nicht vollständig zu zerfallen.
Kalt war es, aber auf die gute Art. Nicht beißend, nicht schneidend, sondern frisch und klar, wie ein Schluck eiskaltes Wasser aus einem Bergbach. Die Sonne hatte sich heute erbarmt und ließ die dicke Schneedecke im hellen Licht wortwörtlich erstrahlen, so dass es fast schon in den Augen schmerzte. Jeder Ast, jeder Zaunpfahl, jedes Dach war mit einer makellosen Schicht Schnee bedeckt, die so weich und glatt wirkte, als hätte jemand mit einem besonders zarten Pinsel darüber gemalt.
„Ich verspreche, ich höre dir zu. Nur halte mich jetzt nicht auf, ich bitte dich. Du bist für das hier nicht gemacht. Selbst wenn du weißt, was ich tue, und wofür ich gemacht bin. Du bist es nicht. Und das will ich bewahren.“
"[...] Dann kannst du mir völlig zu Recht eine Moralpredigt halten und das Spinnennetz verteufeln“, die Worte sprach er eher gedämpft aus, weil er nicht wollte, dass Hamish unnötig viel über die Bedenken seiner Frau und vielleicht sogar die eigenen Bedenken mitbekam, “aber bitte lass mich jetzt für ein paar Minuten vom Haken. Oder willst du Hamish in diese Diskussion einbinden? Er stimmt dir sicher in allen Punkten zu.“
Seine Ehefrau wollte er nicht in die Gewalt verwickeln, völlig egal wie oft sie seine blutigen Hemden wusch oder seine Verletzungen versorgte.
Ein Körper, der seit Jahren eher vor sich hin dämmerte, statt in einen tiefen und erholsamen Schlaf zu fallen, würde seine Gewohnheiten wohl nicht einfach so umstellen. Nicht in einem anderen Land und nicht, wenn er neben sich jemanden atmen hörte – was er Arvin natürlich nicht gedachte zum Vorwurf zu machen!
Die Verwirrung des Lambs verwirrte gleichzeitig Cassius und so waren letzten Endes wohl alle beteiligten Personen verwirrt, ohne es offensichtlich zeigen zu wollen.
Jemanden zu vermissen war wie ein Satz, der nie zu Ende gesprochen wurde. Die Worte waren da, die Bedeutung spürbar, doch etwas fehlte. Es war, als ob eine Melodie weiter in einem spielte, obwohl das Lied längst verklungen war. Wie ein Blick zur Tür, obwohl man längst wusste, dass sie sich heute nicht öffnen würde. Wie etwas Vertrautes, das man aus der Ferne erkannte, schemenhaft, ohne es greifen zu können.
Ironisch, dass man ihm mit einem Nachnamen beschenkt hatte, deren Bedeutung so gegensätzlich zu dem Weg war, den sein Schicksal ihm immer deutlicher offenbarte.
Das Schicksal erfüllte sich immer und wenn nicht, dann fand es eine Kompensation, die es mindestens ebenso zufriedenstellte, wenn es nicht sogar noch zusätzliche Zinsen für den Mehraufwand verlangte.
"Es sitzen so viele unschuldige Männer und Frauen im Knast, wie es Schuldige auf der Straße gibt. Merk dir das, Gerechtigkeit funktioniert in dieser Gesellschaft nicht, mein Junge."
Nach dem hüftsteifen Tanz des Blondschopfs, der so aussah, als wäre er noch grün hinter den Ohren und hätte das letzte Mal Selbstsicherheit im Schaufenster gesehen, aber nicht den Mut gehabt, sie zu kaufen.
Die Sonne hatte das Holz aufgeheizt, es duftete nach Harz und alten Sommern. Er lehnte sich etwas zurück, stützt sich mit den Händen auf den Dielen ab, während seine Beine vor und zurück schaukelten.
Es war eine Arbeit, der er gerne nachkam, sie hatte etwas beruhigendes, beinahe meditatives an sich. Und wie jedes Jahr zahlte sie sich aus: Die Erdbeeren hingen schwer und süß, der Lavendel summte vor Bienen, und die Bohnen rankten sich an den gespannten Schnüren empor.
Eine unsichtbare Kraft zwang ihn in die Knie, doch noch bevor er den Boden erreichte teleportierte auch er sich mit Hilfe seine Magie fort von dem Ort, der ihn zu verschlingen drohte, weil er ihm so deutlich zeigte, dass sich die Welt weiterdrehte, obwohl seine gerade zum Stillstand gekommen war.
Seine Wut hatte sämtliches Einfühlungsvermögen, sämtliche Beschwichtigungsfähigkeiten und sämtliches Schlichtungsgeschick einfach verbrannt und es gab eine Stimme in seinem Inneren, die ihm sagte, dass auch nicht er allein es war, der zurückzurudern hatte. Doch wie ruderte man überhaupt, wenn der Untergrund voller spitzer Steinkanten war?
Der Schmerz in seinen Augen. Die Enttäuschung, als sein Zwilling und Schatten. Beides fühlte sich an, als würde man ihm einen Spiegel vorhalten, was es für Cas als schwierig gestaltete zurückzurudern, wo die Aussagen des Lambs ihm doch zuerst das Gefühl vermittelt hatten in den freien Fall gestoßen worden zu sein. Noch immer war er nicht am Boden angekommen und zu tausenden von Teilen zerschellt.
Wenn ich ihn fort schicke und er in der Nähe meines Ladens umkommt, werden sie mich als erstes befragen. Ich möchte dich ihnen ungern als Opfergabe für mein Schweigen darbieten, also sei still und sag mir lieber, wo ich dieses Gesicht schon einmal gesehen habe.
Schweigen.
Selbst bei angebotener Hilfe, hätte Cassius sie vermutlich abgelehnt, von sich geschoben, weil er sie nicht verdient hatte, während der Mann in seinem Laden aktiv danach suchte. Es gefiel ihm nicht, dass ausgerechnet er der Retter in der Not sein sollte – aber sein vorheriger Gedanke, ihn nach draußen zu schicken um sich Flüssigkeit aus der Luft zu ziehen, erschien ihm nun ein wenig harsch.
„Kuchen bereiten eindeutig weniger Kopfzerbrechen als Piloten und ihre schlechten Sprüche“, sagte sie, sich an ihren Austausch in England erinnernd. Freundschaften wurden damals schnell geschlossen – ebenso schnell gingen sie wieder verloren.
Ihre grünen Augen nahmen für einen flüchtigen Moment sein Gesicht wahr, bevor es vor ihrem inneren Auge blutüberströmt war – ein Bild aus der Vergangenheit, das sich über die Gegenwart legte. Das Jetzt verdrängte das Damals, aber das Bild hallte nach. Der metallische Geruch schien in ihrer Nase zu haften, die Geräusche um sie herum – das Klirren von Tassen, das Schmatzen der Kunden – vermischten sich mit den Echos von damals.
Vor ihr stand ein Geist.
Ein Lächeln für jeden Kunden auf den Lippen, ein netter Spruch in fröhlicher Singsangstimme. Es war eine hübsche Farce, eine schöne Ablenkung – vor allem vor dem, was in ihr lauerte.
Schneeflocken fallen vom Himmel. An manchen Tagen schmeckt die Luft, wenn sie fallen, nach verbrannter Asche, die vom Himmel rieselt. An manchen Tagen ist die Stille so laut, dass sie das Trommelfell beinahe zum Platzen bringt, und die Sonne so grell, dass sie sich instinktiv abwenden und zusammenkrümmen will. An manchen Tagen, wenn sie über die Vernarbungen in ihrem Gesicht fährt, beginnen sie wieder zu brennen – ohne wirklich zu brennen. Und an manchen Tagen bahnt sich das Feuer der Panik durch ihre Adern, ohne dass sie eine Chance hat, es mit Wasser zu löschen.
Stattdessen beobachtete er, wie sein Bruder sich von der Wand abstieß, wie er sich auf die Beine zwang, schwankend, unsicher. Diese Bewegungen hatten nichts von der natürlichen Schwere eines erschöpften Körpers. Sie waren fahrig, ziellos, mechanisch, wie das Zucken einer Marionette, deren Gelenke über die Zeit eingerostet waren. Oswin wirkte wie etwas, das man hätte reparieren müssen, aber dann doch immer wieder aufs Neue ignorierte.
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