Alle Inplayzitate
![]()
Die Sonne hatte das Holz aufgeheizt, es duftete nach Harz und alten Sommern. Er lehnte sich etwas zurück, stützt sich mit den Händen auf den Dielen ab, während seine Beine vor und zurück schaukelten.
![]()
Es war eine Arbeit, der er gerne nachkam, sie hatte etwas beruhigendes, beinahe meditatives an sich. Und wie jedes Jahr zahlte sie sich aus: Die Erdbeeren hingen schwer und süß, der Lavendel summte vor Bienen, und die Bohnen rankten sich an den gespannten Schnüren empor.
![]()
Eine unsichtbare Kraft zwang ihn in die Knie, doch noch bevor er den Boden erreichte teleportierte auch er sich mit Hilfe seine Magie fort von dem Ort, der ihn zu verschlingen drohte, weil er ihm so deutlich zeigte, dass sich die Welt weiterdrehte, obwohl seine gerade zum Stillstand gekommen war.
![]()
Seine Wut hatte sämtliches Einfühlungsvermögen, sämtliche Beschwichtigungsfähigkeiten und sämtliches Schlichtungsgeschick einfach verbrannt und es gab eine Stimme in seinem Inneren, die ihm sagte, dass auch nicht er allein es war, der zurückzurudern hatte. Doch wie ruderte man überhaupt, wenn der Untergrund voller spitzer Steinkanten war?
![]()
Der Schmerz in seinen Augen. Die Enttäuschung, als sein Zwilling und Schatten. Beides fühlte sich an, als würde man ihm einen Spiegel vorhalten, was es für Cas als schwierig gestaltete zurückzurudern, wo die Aussagen des Lambs ihm doch zuerst das Gefühl vermittelt hatten in den freien Fall gestoßen worden zu sein. Noch immer war er nicht am Boden angekommen und zu tausenden von Teilen zerschellt.
![]()
Wenn ich ihn fort schicke und er in der Nähe meines Ladens umkommt, werden sie mich als erstes befragen. Ich möchte dich ihnen ungern als Opfergabe für mein Schweigen darbieten, also sei still und sag mir lieber, wo ich dieses Gesicht schon einmal gesehen habe.
Schweigen. ![]()
Selbst bei angebotener Hilfe, hätte Cassius sie vermutlich abgelehnt, von sich geschoben, weil er sie nicht verdient hatte, während der Mann in seinem Laden aktiv danach suchte. Es gefiel ihm nicht, dass ausgerechnet er der Retter in der Not sein sollte – aber sein vorheriger Gedanke, ihn nach draußen zu schicken um sich Flüssigkeit aus der Luft zu ziehen, erschien ihm nun ein wenig harsch.
![]()
Diesmal machte er keinerlei Anstalten, Nicolò aufzuhelfen; nicht seines, sondern des Gimondis Stolzes willen. Vielleicht auch, weil er die wahre Besorgnis, die sich klamm in Arcturus eingeschlichen hatte, auf diesem Wege besser verschleiern konnte. ”There you can try to make me feel bad for saving your skin all you want.” Dass er unerfolgreich bleiben würde, musste Arcturus nicht aussprechen.
![]()
Natürlich wünschte er sich sehnlichst, dass Nicky den Mund hielt, zugleich war er froh, dass dieser es nicht tat. Immerhin bedeutete dies, dass es ihm gut ging und er bei klarem Verstand war. Solange der Mann noch fluchen konnte, war bei ihm im Kopf alles richtig - traurig aber wahr.
![]()
Langsam richtete sich Arcturus auf, strich sich das eisigkalte Haar aus dem Gesicht und gab ein leises Seufzen von sich; was die wohl ungehaltenste Reaktion auf Nicolòs Gehabe war, die man von ihm erwarten konnte.
![]()
Arcturus legte es nicht darauf an, ihn zu befeuern, aber selbst sein penetrantes Schweigen und der finstere Blick, mit dem er Nicolò regelrecht strafte, hätten früher dafür ausgereicht, Nicolò endgültig in die Luft gehen zu lassen. Wenn er es sich in den Kopf gesetzt hatte, lichterloh zu brennen, brannte jemand wie Nicolò Gimondi auch. Ungeachtet der Tatsache, dass sein Zündholz durchfeuchtet war und nicht brennen können sollte.
![]()
Arcturus war vielleicht ein Meister darin geworden, sich sein Handeln zurechtzulegen. Was erst Grimm gewesen war, ein Durchbeißen trotz wider besseren Wissens, hatte sich jedoch gewandelt, war zu etwas anderem verformt worden, das keiner der beiden Männer offen aussprach.
![]()
Obwohl er ganz genau wusste, wie mit Verrätern jeglicher Art innerhalb seiner Familie umgegangen wurde, weigerte er sich, das Verbot seiner Eltern anzuerkennen. Es war so alt, so unausgesprochen, so selbstverständlich wiederum, dass niemand sich die Mühe gemacht hatte, genau zu definieren, in welchem Maße sie sich nicht auf Geächtete einzulassen hatten.
![]()
Aber sie waren auch nicht dieselben Menschen wie vor Jahren. Nicolòs Nacken, der sich beugte, die sehnigen, starken Arme, die sich in die große Emaille Schüssel stützten, während Arcturus seine eigenen Ärmel hochkrempelte, schien nicht der gleiche Nacken zu sein wie letztes Jahr. Zu oft hatte Arcturus seine Lippen an seinen Hals gelegt, hatte eben diesen Nacken geküsst wie als wäre er die Morgensonne, oder ein Streifen eben jener. Warm, kitzelnd, ein wenig schwermütig. Jetzt war der Mann, der fluchte, nicht länger der Gleiche, von dem Arcturus sich lange Zeit fernzuhalten versucht hatte.
![]()
Nicolò besaß den Körper eines Läufers, wie ein Märtyrer in einem flämischen Gemälde. Die Venen unter seiner Haut wie Kordeln. Stärke floss durch seinen Körper, selbst wenn er verletzt und von der Verletzung geschwächt war, wie als würde seine tobende Wut ihn davon abhalten, irgendeine Schwäche zu zeigen. Selbst verletzt kostete es ihn anscheinend Überwindung, sich von Arcturus versorgen zu lassen, auch wenn er sich dem nach einigem Bitten und unaufgeregtem Abfangen seiner Gehässigkeiten fügsamer dazu herabließ, als er es vor Monaten noch getan hätte.
![]()
„Kuchen bereiten eindeutig weniger Kopfzerbrechen als Piloten und ihre schlechten Sprüche“, sagte sie, sich an ihren Austausch in England erinnernd. Freundschaften wurden damals schnell geschlossen – ebenso schnell gingen sie wieder verloren.
![]()
Ihre grünen Augen nahmen für einen flüchtigen Moment sein Gesicht wahr, bevor es vor ihrem inneren Auge blutüberströmt war – ein Bild aus der Vergangenheit, das sich über die Gegenwart legte. Das Jetzt verdrängte das Damals, aber das Bild hallte nach. Der metallische Geruch schien in ihrer Nase zu haften, die Geräusche um sie herum – das Klirren von Tassen, das Schmatzen der Kunden – vermischten sich mit den Echos von damals.
Vor ihr stand ein Geist. ![]()
Ein Lächeln für jeden Kunden auf den Lippen, ein netter Spruch in fröhlicher Singsangstimme. Es war eine hübsche Farce, eine schöne Ablenkung – vor allem vor dem, was in ihr lauerte.
![]()
Schneeflocken fallen vom Himmel. An manchen Tagen schmeckt die Luft, wenn sie fallen, nach verbrannter Asche, die vom Himmel rieselt. An manchen Tagen ist die Stille so laut, dass sie das Trommelfell beinahe zum Platzen bringt, und die Sonne so grell, dass sie sich instinktiv abwenden und zusammenkrümmen will. An manchen Tagen, wenn sie über die Vernarbungen in ihrem Gesicht fährt, beginnen sie wieder zu brennen – ohne wirklich zu brennen. Und an manchen Tagen bahnt sich das Feuer der Panik durch ihre Adern, ohne dass sie eine Chance hat, es mit Wasser zu löschen.
![]()
Sein Hauptaugenmerk lag nicht auf seiner Umgebung, sondern verweilte noch immer am Ufer der Moldau, noch immer an dem Mann, zu dem er sich nicht umgedreht hatte, weil er gewusst hatte, dass, wenn er sich zu Arcturus umdrehen würde, ihm nichts anderes übrig bleiben würde, als ihm die Nase zu brechen - mit seiner Faust oder - noch schlimmer - einem Kuss, der doch nicht weniger Schlag sein würde, weil die über Jahre hinweg gefütterte Sehnsucht sich längst in eine Wucht umgewandelt hatte, die sich danach sehnte, zu zerschmettern.
![]()
Das Schwimmen lag Nicolò genauso im Blut wie das Aufbegehren, als wäre er seine eigene stürmische See - und doch vergaß er noch im selben Moment, in welchem er untertauchte, die wohl wichtigste Lektion, die man ihm je gegeben hatte, bevor er das erste Mal im ligurischen Meer bei Genua schwimmen gegangen war: er war unaufmerksam.
![]()
Während sie von der Vergangenheit normalerweise in Form von Anfällen eingeholt wurde, war dies hier etwas ganz Anderes. Kein Anfall, die harte Realtität. Dort stand niemand geringeres als Nicoló Gimondi und schien auf jemanden zu warten.
![]()
Gemurmel, Diskussionen, zu wenig Sauerstoff für diese Menge an Leuten. Und doch waren sie alle zusammengekommen. Denn wenn die Spinne rief, dann waren sie da.
![]()
Die Haare unter seiner Mütze waren noch leicht feucht vom Duschen, sein Gesicht juckte von der frischen Rasur, aber Oswin konnte sich weder daran erinnern, geduscht und sich rasiert zu haben, noch daran, wie er hierher gekommen war, als hätte ein anderer diese Aufgaben für ihn übernommen und ihn hierher gebracht.
![]()
Oswin Cresswell gehörte nicht mehr zu den Menschen, die sich von einem Geschehen ins nächste stürzten, und die gar nicht genug vom Leben bekommen konnten. Oswin Cresswell war tot und was von ihm übrig geblieben war, das war wie gelähmt von der Schuld. Unfähig sich zu bewegen, blieb ihm gar nichts anderes übrig, als zu ertrinken.
![]()
Aus dem jungen Mann, der wie viele blauäugige Piloten zu Beginn des Krieges eine verquere Vorfreude dafür besessen hatte, endlich das erste Mal in die Lüfte steigen und dem Feind entgegentreten zu dürfen, war ein Mann geworden, der sich bereits vor dem Gedanken sträubte, wieder in ein Flugzeug zu steigen, und der sich zugleich doch bewusst war, dass er zwischen die Wolken gehörte; dass er niemals Absolution erfahren würde, wenn er nicht endlich auf die Weise sterben würde, wie sein Schicksal es doch eigentlich für ihn vorhergesehen hatte.
![]()
In Wahrheit waren es Fettnäpfchen, in die sie in dieser Aneinanderreihung von Augenblicken unaufhörlich trat. Eins nach dem anderen, wie als wollte sie einen Rekord aufstellen.
![]()
Für sie war er stark wie der Stamm der riesigen Eiche, an dessen horizontal gestreckten Armen sie früher Schweinebammel geübt hatten, oder von dem aus sie Kirschkernspucken spielten.
![]()
Stattdessen beobachtete er, wie sein Bruder sich von der Wand abstieß, wie er sich auf die Beine zwang, schwankend, unsicher. Diese Bewegungen hatten nichts von der natürlichen Schwere eines erschöpften Körpers. Sie waren fahrig, ziellos, mechanisch, wie das Zucken einer Marionette, deren Gelenke über die Zeit eingerostet waren. Oswin wirkte wie etwas, das man hätte reparieren müssen, aber dann doch immer wieder aufs Neue ignorierte.
![]()
Dabei wusste er selbst nicht, wie er es hätte in Worte fassen sollen. Wie beschrieb man diese Leere? Dieses Gefühl? Wie erklärte man, dass einen selbst das Atmen manchmal überforderte? Dass es Tage gab, an denen man nichts weiter tun konnte, als aus dem Fenster zu starren und zu hoffen, dass der nächste Tag leichter wird? Dass man nicht aufstand, weil man faul war, sondern weil das Aufstehen selbst wie ein unüberwindbares Hindernis erschien?
|