Alle Inplayzitate
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Es war nicht nur Müdigkeit. Nicht einfach ein anstrengender Tag oder die übliche Erschöpfung, wie sie jeder kannte. Was Arvin durchfuhr, war dichter, wie ein zäher Schleier aus Wachs, der sich über seinen Geist gelegt hatte und alles in dumpfes Grau tauchte. Eine lähmende Trägheit, die sich nicht abschütteln ließ.
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„Du hast mir nicht gewunken, als du mich gesehen hast.“ Himmel, er fühlte sich erbärmlich, während diese Worte über seine Lippen kamen – als ob er ein kleines Kind war, das ignoriert worden war und sich nun verletzt, gar beleidigt fühlte.
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Percy folgte dem Blick des Lambs hoch zur Decke und konnte es nicht verhindern, dass tatsächlich so etwas wie ein Lächeln auf seinen Lippen erschien. Wunderschöne Kunst löste so etwas eben in ihm aus.
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Dieser Arvin, der ihm nun gegenüberstand, wich von der Norm ab und es war komisch, fühlte sich nicht richtig an. Irgendwas war falsch, irgendwas war nicht in Ordnung. Und ja, wieso juckte es Percy überhaupt? Wieso machte er es zu seinem Problem? Die Antwort wusste er selbst nicht und wenn doch, schob er sie ganz weit weg von sich, versteckte sie in einer Truhe weit in seinem Hinterkopf, warf den Schlüssel weg und ignorierte sie gekonnt.
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Ihn zu vermissen, war ähnlich wie ihm böse zu sein - es fühlte sich für sie fast gleich an.
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Kinder, die jetzt erwachsen waren und sich manchmal fragten, ob sie vielleicht eine Zeit der Tobsucht hätten zulassen sollen, anstatt immer gefällig zu sein, denn dann wären sie jetzt nicht so konsterniert oder so in sich gekehrt, wenn man sie auf ihr Wohlergehen ansprach, oder so angefressen, wenn man sie - wieder einmal - überging, geschweige denn so abwesend, wenn der Winter seine eiskalten Hände an die Fensterscheiben presste.
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Ihre direkte Art war im besten Fall erfrischend und im schlimmsten herausfordernd, aber sie war um den perfekten Satz, der einen aus der Reserve lockte, verlegen. Schlimmer als das: sie war eine verkopfte Trübsalblaserin und ganz tief zwischen ihren Rippen saß ein unziemliches Gefühl des Eigennutzes, das kein gutes Wort zu glätten vermochte.
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Viel zu lange betrachtete Oswin diese Hand einfach nur. Früher hätte er nicht gezögert, hätte vermutlich noch nicht einmal mit der Wimper gezuckt, um dieses stumme Angebot anzunehmen. Nun fühlte es sich wie ermogelt an, als würde es eigentlich einem anderen zustehen.
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In seinem Hochmut hatte er den Himmel bezwingen wollen, aber er war genauso gefallen wie Ikarus und nun hatte man ihm seiner Flügel und die Hoffnung geraubt, denn selbst als seine Lunge sich endlich mit Luft zu füllen schien, die Tränen auf seinen Wangen versiegten und sein Blick auf die in Schwarz gehüllte Hand fiel, die Corvus ihm hinhielt, wusste er, dass diese Hand ihm heute genauso fremd war, wie seine eigene.
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Erst fiel ihr dabei nur am Rande auf, wie gedimmt die Lichter waren. Wie seltsam dick die Luft erschien, wie Sirup, der einem die Lunge ertränkte, obwohl die Luft klar und winterlich sein sollte.
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Wie konnte ein einziger Zeitpunkt nach Blut schmecken, sich wie Asche auf seine Lippen legen, sein Innerstes mit dem Druck einer Explosion umwühlen?
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”Convenient, then, that I am neither your wife nor your sweetheart.”
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Sie musste sich von ihm abwenden, damit sie ihm nicht ins Gesicht schlug.
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Bis er tot gewesen war und sie nur noch ein paar veraltete Briefe gehabt hatte, und Erinnerungen, die sie verfolgten wie Schatten, obwohl sie eigentlich gut und schön und lichtdurchtränkt waren - nur Theodores Tod hatte sie fahl gezeichnet. Hatte ihnen die lebensspendende Kraft, die Farbe, die Sättigung geraubt. Sie wusste nichts darüber, wie Soldaten sich untereinander benahmen, aber sie wusste sehr wohl, dass Theo sie niemals derart angefahren hätte - nicht einmal unter den schlimmsten Schmerzen.
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Wenigstens sitzen sollte er, selbst wenn er sich weigerte, sich hinzulegen, vermutlich weil es ihn in seiner Männlichkeit verletzte.
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Rau war auch diese Fantasie, in die sie sich stürzte, wie in eine sich aufbäumende Welle. Sie war fahrlässig in ihren Träumen, und wäre sie es nicht gewesen, hätte sie vielleicht schneller vermocht, sich wieder zusammenzureißen, die Verbindung zu ihren Hoffnungen zu kappen und sich von ihnen zu erholen, bevor Oswin sie ihr noch vom Gesicht ablas.
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Er roch nach Schweiß, Rauch und schwerem Jasmin, hatte sich mit dem Geruch des Todes eingesprüht, hatte Szymons Zigaretten geraucht, hatte sich in seine Kleider gehüllt. Natürlich weinte er sich die Augen aus. Natürlich brachte es nichts. Aber es war sein gutes Recht, so zu handeln. Es war sein gutes Recht, auseinander zu brechen.
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How do you do that?, fragt Szymon Stunden später, in denen er Mahadevs Gesicht liebevoll in Marmor geschlagen hat; eine Hälfte glänzte im Detail, während die andere noch grob, unausgearbeitet ist. Hm? - How do you sit perfectly still and yet your gaze can’t keep from wandering off? Er berührt Mahadev an der Schläfe, sein Atem legt sich auf dessen geschlossene Lider. I don’t know. I guess I want to watch you work while you work on me.
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Es wartete auf ihn, der nicht zurückkehren würde, egal wie sehr die Bewohner des Hauses sich dies auch wünschten. Szymons Leben war wie ein Gipsabdruck, den die Wärme der Haut, auf der jener Gips einst lag, verlassen hatte. Und der wahre Ausdruck seines Gesichts war verwischt worden beim Versuch, ein Abbild für die Nachwelt zu schaffen.
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Oh, ein verquerer Teil von ihm wünschte sich gar, sie würde ihn schlagen, würde ihm eine kräftige Ohrfeige verpassen, die ihn die Scham vergessen oder wieder geraderücken würde, was sich in seiner Seele verschoben hatte, wie ein Knochen, der nicht richtig zusammengewachsen war und den man erst wieder brechen musste, um ihn zurück in seinen Ursprungszustand zu versetzen.
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Er hatte sie mit Fingern, so lang wie die Federn einer Elster, gestohlen, hatte mit Theodores Briefen und Worten zu flicken versucht, was sich tiefschwarz durch seine Brust gefressen hatte, ihn ausgehöhlt und auf seiner Seele ein Brandmal hinterlassen hatte, dass er mit den erstohlenen Träumen vielleicht hatte übermalen können, aber dessen phantomartigen Schmerz er noch immer spürte, wann immer er versuchte, die Finger nach dem auszustrecken, was einst gewesen war.
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In seinem Inneren, tief dort, wo seine Wut immer wie ein hungriges Tier gelauert hatte, breitete sich etwas anderes aus. Ein Gefühl, das sich schon lange nicht mehr in seiner Brust ausgebreitet hatte: Hoffnung. Verkrüppelt, vernarbt, kaum wiederzukennen — und doch war sie da.
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Corvus konnte nichts tun, außer ihm die Hand entgegenzuhalten, ein fragiles Band zwischen zwei Welten, die längst hätten getrennt sein sollen.
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Denn wenn Oswin wirklich hier war, wirklich lebte, dann war Corvus nicht der, der er all die Jahre geglaubt hatte zu sein. Dann war vielleicht nichts mehr so, wie er es für unumstößlich gehalten hatte.
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Seine Hand hob sich. Zögerlich. Es war keine Drohung, keine Einschüchterung. Nur ein stilles, unvollkommenes Angebot. Eine ausgestreckte Hand, die mehr bedeutete, als jedes Wort hätte vermitteln können. Ein Eingeständnis. Eine Bitte. Vielleicht die Frage nach Vergebung?
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Langsam, zäh wie kaltes Harz, löste Corvus sich aus seiner Starre. Jeder Schritt fühlte sich an, als würde er gegen die Schwerkraft selbst kämpfen. Seine Beine waren schwer, seine Brust eng, als schnürte ein eiserner Ring seine Rippen zusammen.
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Zwei Worte, hauchzart gesprochen, doch in Corvus hallten sie nach wie ein Hammerschlag auf blankem Stein. Immer wieder, bis nichts als taubes Dröhnen übrig blieb. Er stand nur da, starr wie eine Statue, das Herz wie eingemauert in der Brust, unfähig zu begreifen, was seine Augen ihm zeigten.
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„Es sind die kleinen Dinge, die am glücklichsten machen, finde ich. Die Alltäglichen. Nicht die großen Momente und Gesten, die alles verändern, sondern die leisen, unscheinbaren, die einem das Herz ein bisschen leichter machen, ohne dass man es sofort bemerkt — weißt du?“
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„Was macht dich glücklich?“ Eine andere Frage diesmal. Eine, die Arvin ganz anders beantworten konnte. Er lachte leise, ein warmes, raues Geräusch, das der Wind mit sich trug. „Oh, da gibt es vieles“, antwortete er sofort, ohne zu zögern. „Zeit mit der Familie“, begann er aufzuzählen, „Abende auf der Veranda, wenn die Luft noch warm vom Tag ist.“ Ein leises Schmunzeln bildete sich auf seinen Lippen. „Gartenarbeit. Den Duft von frischer Erde an den Fingern zu haben. Meine Freunde — die alten und die neuen. Diese Ruhe am frühen Morgen, wenn die halbe Welt noch schläft.“
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In dieser Stadt waren Uniformen keine Kleidung, sondern Erklärungen. Statements. Drohungen. Erinnerungen daran, wer die Macht hatte und wer sie nur zu erdulden hatte. Und Arvin hatte sich nie zur richtigen Seite zählen können.
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