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Alle Inplayzitate
Obwohl sie am liebsten ein Besteckstück nach dem anderen gegen die Wand wegen seiner Affäre werfen wollte, schob sie den Gedanken in die hinterste Ecke ihres Kopfes. Jetzt schob sie ihre Trauer dorthin. Ihre Gefühle konnten dort verrotten, wenn es nach ihr ging. In dieser lästigen Ecke, die sicher so mintgrün wie ihre Küche war.
Das war seine Frau. Und diesen stolzen, angeberischen, machomäßigen Gedanken hatte er auch in den Momenten, in denen der Haussegen vermeintlich schief lag. Völlig egal wie enttäuscht Lissandra von ihm war, selbst ihre Enttäuschung gehörte ganz allein ihm und er hoffte zumindest, dass sie sich niemals von ihm abwandte, ihm auch ihre unerbittliche Treue gehörte.
All das beobachtete Balthazar argwöhnisch, auch wenn er währenddessen mit hochgezogener Augenbraue nach dem Tiramisu griff und sich ungeduldig den Nachtisch auf den Teller mit den Pastaresten schaufelte. Balthazar war ein simpler Mann…
Kurz fror Balthazar in seiner Bewegung ein, der Löffel mit dem Tiramisu blieb kurz in seinem offenen Mund schweben, ehe er ganz langsam weiteraß. Ausnahmsweise hatte er einmal ohne Puzzola verstanden, dass Lissandra gerade auch gegen ihn stichelte.
Eine Heirat zwischen Teresa und Ruben würde diesen eigentlich in diesen Kern aufnehmen. Sobald er seiner Schwester den Ring an den Finger steckte, war er offiziell ein Teil der Familie. Aber bisher hatte Balthazar keinerlei Bindung zu dem bärtigen Schönling. Seine Meinung war bisher zudem noch nicht sonderlich hoch; selbst Alfonso war skeptisch – für ihn roch Ruben einfach zu gut.
„Aber nun mach es nicht so spannend. Was genau hat mein liebreizender Bruder über mich gesagt? Mir käme nichts in den Sinn, das nicht schmeichelhaft wäre. Ich bin schließlich…“, sie wollte nicht perfekt sagen, “ich.“
Die Fedorov-Kinder hatten alle Phasen, in denen sie die Welt und die Familie verdammten, letztlich aber nur in stummer Rebellion sich selbst zu Grunde richteten. Anders hatten sie es nicht gelernt, sich auszudrücken. Ihr Zorn richtete sich immer gegen sie selbst, auch wenn die Eltern oder die Geschwister diesen heraufbeschworen hatten.
Nun waren Beide verschwunden und damit ein Teil von Salimatou, den sie niemals wieder zurückbekommen würde.
Sie waren einfach weg, entfernt aus ihrem Leben, als könnte sie ohne sie weiteratmen.
War es denn so "makaber", mit Feinden über die Sprache der Blumen zu kommunizieren? Letztendlich war es doch vermutlich weitaus netter, als ihnen einen Pferdekopf ins Bett zu legen.
Das Frettchen robbte unter einem Klamottenhaufen hervor, etwas erdrückt von dem Pullover, und rannte dann um Sofias Füße, sofort die Aufmerksamkeit ganz auf sich haben wollend. Balthazar rieb sich mit einer Hand über das Gesicht. Manchmal wünschte er, sein Familiar hätte etwas mehr Würde.
Seine lallenden Worte verfestigten aber Katyas Verdacht. Es musste hier um das gehen, was Eliyas ihr erzählt hatte, und sie musste sich ein gehässiges Lächeln unterdrücken. Andererseits war sie etwas beleidigt – sie und Eliyas. Sie hatte Standards…
Katya verzog die Mundwinkel nach unten und schaute Eliyas mit einem Gesichtsausdruck aus einer Mischung aus Mitleid, Empörung und Schalk an. Einer ihrer typischen Mimiken.
Als sie das ungeliebte Gesicht von Polina Fedorova sah, war sie entweder doch wach oder es war ein Albtraum.
“Zuletzt haben wir da noch die Blüten des Granatapfels, welche sowohl für das Leben, aber auch für den Tod stehen können. Das Blumengesteck ist also entweder ein perfektes Geschenk für eine Verabredung nach einem Streit, oder aber eine Warnung, bevor man eine verflossene Liebe umbringt”
Irgendwie war gefühlt die Hälfte der Lehrerschaft definitiv nicht dafür geboren Lehrkörper zu werden. So wirklich gar nicht.
Ein kleines Blumengesteck, magisch haltbarer gemacht, sie hatte keine Karte vorbereitet, die naive Hoffnung hegen, dass dem alten Professor Thorn schon der Groschen fallen würde, dass Aissata dahinter steckte. Und im gleichen Atemzug würde er seine Liebe für sie erkennen, aber galant warten, ihr diese zu eröffnen, bis sie die Schule beendet hat und dann das Friede, Freude, Eierkuchenleben, welches sie sich wünschte.
Ungewöhnliche Anfrage, wenn man bedachte, dass ihre Existenz auf dem Fest schon Aufgabe genug war und das stetige Beobachten nicht so schrecklich langweilig sein konnte. Sicherheit war nie langweilig.
Teresa war eine selbstständige Frau, doch der Bruch mit der Famiie…der übrigen Familie, wäre wie das Salz in der Wunde, gebrochene Spagetti und Ananas auf einer köstlichen Pizza. Eine Schande.
Ein zartes Pflänzchen konnte einem anderen zarten Pflänzchen niemals beistehen. Das würde nur in Tränen und ohne Lösungen enden. Agnessa musste lernen, mehr als nur ein zartes Pflänzchen zu sein, sonst würde Arturo sie noch weiter aus dem Boden reißen und entwurzeln. Agnessa musste lernen, etwas mehr wie Katya zu sein.
„Agnessa, du brauchst unbedingt einen neuen Kleiderschrank. Du verschwindest ja förmlich in dieser Farbe.“ Ihr war bewusst, dass das wohl genau Agnessas Vorhaben war. Aber die ältere Schwester hatte sich vorgenommen, das Mädchen aus ihrem Schneckenhaus hervorzulocken.
„Fangen wir dem Sticheln schon an, bevor Vater überhaupt im Raum ist?“ Ihre Stimme theatralisch tadelnd, aber offensichtlich Nikolajs Ton imitierend.
Sie musste ihn zu Beginn für einfältig gehalten haben. Dieses Vorurteil hatte er schon oft gehört. Oder aber Menschen fanden ihn faszinierend, weil er den „American Dream“ aufgegeben hatte. Für den Magier schien das Leben hier ein besserer Traum zu sein.
Katya, genauso wie der Rest der Familie, war kein Unmensch und nicht gefühlstot. Sie liebte ihre Geschwister, völlig egal, ob sie ihnen manchmal in Gedanken den Hals umdrehte oder gerade in ihrer Zeit als Ballerina wochenlang nichts von sich hören ließ, weil sie sich lieber im Bolshoi-Theater abgerackert hatte, fernab der Familie, ausgelassen und zügellos, und gleichzeitig verletzt und weggeworfen wie ausrangierte Ballettschuhe.
Sie tippte einfach darauf, dass es das war, dass Eliyas ihr am Tag zuvor erzählt hatte. Auch wenn sie Maksims Reaktion auf so eine Unsinnigkeit ziemlich heftig fand. Aber sie wollte es aus seinem Mund hören, nur damit sie ihn danach mit einem Fingerzeig auslachen konnte.
Katya nahm wieder ihren Flachmann in die Hand, nahm einen Schluck, und legte dann – Maksim immer noch eindringlich musternd – den Kopf schief. Bis auf seine Haarfarbe war Maksim wirklich nicht sehr helle.
Ja, das hier war ihre ganz eigene Hölle. Eine Hölle mit weißen Theken und Schränken, mit klassisch mintfarbenen Absetzungen an den Rückwänden der Küchentheken und dem Türrahmen. Die meisten Nachbarn hatten ähnliche Küchen. Es war gerade in Mode. Aber manchmal machte sie das Mintgrün wahnsinnig.
Die Männer hatten in der Küche nichts verloren, sie störten nur mit ihren wenig geistreichen Kommentaren und – weitaus schlimmer – ihren ungefragten Tipps.
Er nahm es mit noch weniger Fassung als Zenaida – und eine kleinlaute Stimme in ihrem Kopf fragte sich, ob das überhaupt möglich war.
Die meisten Namen ihrer Mitschüler und Mitschülerinnen waren ihr entgangen, aber über die Heulsuse des Jahrzehnts hatte sie sich besonders oft lustig gemacht und entsprechend hatte sich sein Name bei ihr eingebrannt. Der Blonde sah aus, als ob er sich jeden Moment übergeben würde. Hauptsache nicht auf Zenaida oder ihre Schuhe.
Mit solchen Dingen war sie noch nie konfrontiert worden. Sonst hieß es immer nur, Zenaida Blum, ich will sein wie sie, Zenaida Blum, wie kann man nur so hübsch sein, Zenaida Blum schafft sogar Bestnoten zu halten… Die Zeiten waren jetzt wohl vorbei.
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